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nmz-archiv
nmz 2001/05 | Seite 15
50. Jahrgang | Mai
Initiative
Konzerte für Kinder
Musik zum Anfassen, Musik für die Neugier
Mitglieder des Kammerorchesters Schloss Werneck entwickeln seit
zwölf Jahren Kinderkonzerte
Beim ersten Mal Musik zum Anfassen gefiel mir
am besten die Band. Etwas öde war das Schwungtuch, wobei das
Streichorchester und die Jodler mir großen Spaß brachten.
Ach, mir hat eigentlich alles gut gefallen und ich freue mich, wenn
es wieder heißt Musik zum Anfassen. Ich
wusste nicht, dass Pferdehaare an der Geige sind. Trotzdem ist die
Geige schön.
Instrumente begreifen, Musik
anfassen.
Foto: Sascha Friedl
So wie diese beiden Kinder einer Landshuter Grundschule äußerten
sich noch viele andere bezüglich ihrer individuellen Vorlieben
nach ihrem ersten Besuch eines Musik zum Anfassen- Konzertes.
Die Vielfalt der unterschiedlich formulierten Eindrücke ist
ein Zeichen für ein breites Spektrum an sinnlich-musikalischen
Eindrücken, die die jungen Hörerinnen und Hörer von
Musik zum Anfassen mit nach Hause nehmen. Das weite
Feld der Instrumenteninformation zieht sich, methodisch vielfältig,
als roter Strang mit unterschiedlicher Gewichtung durch die verschiedenen
Veranstaltungstypen. Eine große Breitenwirkung gilt es dabei
insbesondere bei den Kindern zu erzielen, die seitens ihres Elternhauses
bislang wenig Zugang zu klassischer Musik und praktischer Musikvermittlung
erfahren konnten. Mehr als ein einziger der berühmten Tropfen
auf den heißen Stein soll den Kindern mit dem Paket
einer fünfteiligen Schulkonzertreihe geboten werden, das erhoffen
sich die beteiligten Musiker, die das Konzept über einen Zeitraum
von nunmehr zwölf Jahren entwickelt und immer wieder modifiziert
haben.
Beim Kongress Neue Wege für junge Ohren Musikvermittlung
für Kinder im internationalen Kontext vom 4. bis 6. Mai
2001 auf Schloss Weikersheim wird die Projektgruppe Musik
zum Anfassen München Wien ihr Gesamtkonzept vorstellen
und praktisch demonstrieren.
Musik zum Anfassen möchte auf spielerische Weise neugierig
auf Musik machen. In einem Alter, in dem Kinder direkt ansprechbar
und zu begeistern sind, werden sie auf aktive Weise an Musik herangeführt
im Konzert, im Dialog, im Gestalten von Musik. Die Arbeit
mit ganzen Schulklassen erreicht auch Kinder, die sonst keinen kreativen
Zugang zu Musik finden. Ausgehend von der Erfahrung, dass punktuelle
Schulkonzerte wenig bewirken, wurde die Idee von Musik zum
Anfassen im Kammerorchester Schloss Werneck entwickelt und
1989 zum ersten Mal durchgeführt.
Konzept
Fünf Konzerte mit Werkstattcharakter bauen inhaltlich und
didaktisch aufeinander auf. Spielerisch-experimentelle Beschäftigung
mit Musik und hörendes Erleben von Musik sind die Grundbausteine
der Veranstaltungen. Die Klang-, Geräusch- und Bewegungsaktionen
und der direkte Kontakt zwischen Musikern und Kindern vermitteln
elementare Aspekte des Musikmachens und -erlebens. Darüber
hinaus lernen die Kinder Instrumente aller wichtigen Gattungen kennen.
Alle Veranstaltungen werden von einem Moderator begleitet, der als
vertrauter Ansprechpartner der Kinder durch die Konzerte führt.
Die Reihe mündet in öffentliche Abschlusskonzerte, in
denen neben normaler Konzertmusik auch die während
der Reihe entstandenen Schülerkompositionen gemeinsam von Kindern
und Musikern aufgeführt werden. Über die organisatorischen
Belange hinaus ist eine inhaltliche Zusammenarbeit mit den Klassen-
und Musiklehrer/-innen der beteiligten Schulen sehr wünschenswert.
Vor- und Nachbereitungen für einzelne Konzerte können
im Musik-, Kunst- oder Deutschunterricht stattfinden. Außerdem
bietet die Reihe zahlreiche Anregungen, die in der Zeit nach den
Projektwochen vertieft werden können.
Fortbildung
Eine inhaltliche Einführung findet im Rahmen einer Fortbildung
für beteiligte und andere interessierte Lehrer/ -innen im Vorfeld
der Schulkonzertreihe statt. Im Rahmen des Projektes Ganz
Ohr sein arbeiten wir eng mit Prof. Dr. Joachim Kahlert vom
Lehrstuhl für Grundschulpädagogik und -didaktik an der
LMU München zusammen. Eine im Herbst 2000 durchgeführte
Evaluation bescheinigt Musik zum Anfassen eine hervorragende
Wirkung und Akzeptanz bei den Kindern. Angestrebt ist eine möglichst
flächendeckende Realisierung von Musik zum Anfassen
unter Einbeziehung der örtlichen Musikschulen und der Berufsorchester.
Das Konzept ist ein work in progress und wird sowohl
im Bereich Grundschule als auch Hauptschule weiterentwickelt.
1. Konzert
Thema: Hören von Musik
Spiel Hören der Stille (mit verbundenen Augen,
Kinder im Raum
verteilt)
Aufschreiben des Gehörten auf große Partitur an
der Wand
Reproduktion des Gehörten mit eigenen Mitteln (Geräusche
und Klänge selber machen)
Hören eines Musikstückes, das mit ähnlichen
Mitteln arbeitet
Ausarbeitung des Stücks und der Wandpartitur von Konzert
4
Probieren und Verfeinern der diversen Spieltechniken und des
Ablaufs
Durchläufe und Generalprobe für das Schlusskonzert
Besetzung: wie beim 4. Konzert
Schlusskonzert
Die Schlusskonzerte beinhalten die Aufführung der im 4. und
5. Konzert
entstandenen Kompositionen durch die Kinder und Musiker. Darüber
hinaus spielen die Musiker Werke verschiedener Besetzungen, die
einen inhaltlichen Bezug zur Reihe haben. Die Konzerte sind öffentlich
und finden vorzugsweise (bei geeigneten räumlichen Gegebenheiten)
in den Schulen statt.