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nmz-archiv
nmz 2001/06 | Seite 27
50. Jahrgang | Juni
Jugend musiziert
Herzstück aller Förderprojekte für hoch Begabte
Das Engagement der Deutschen Stiftung Musikleben für den
Wettbewerb Jugend musiziert
Eine neue Rekordmarke ist erreicht: 1.500 Musikerinnen und Musiker
werden zum 38. Bundeswettbewerb Jugend musiziert in
Hamburg erwartet. Darüber freut sich auch die Deutsche Stiftung
Musikleben, die den Bundeswettbewerb seit seiner Gründung 1963
als privater Förderer der ersten Stunde unterstützt.
Für die Teilnehmer ist Jugend musiziert ein von
Profis organisiertes, in beruhigend regelmäßigem Turnus
stattfindendes Wiedersehens-Festival mit gleichgesinnten musikbegeisterten
Jugendlichen, aber natürlich auch Leistungsvergleich. Mal
sehen, welche Fortschritte die anderen in diesem Jahr gemacht haben?,
so viele junge Musiker auf die Frage, warum sie auch dieses Mal
wieder beim Bundeswettbewerb mitmachen.
Irene Schulte-Hillen, Vorsitzende
des Vorstandes der Deutschen Stiftung Musikleben, übergibt
den Eduard-Söring-Preis beim 37. Bundeswettbewerb 2000
in Berlin. Preisträger sind Jie-Hua Zhu (li.) und Stefan
Tarara. Foto: Erich Malter
Haben Sie schon einmal über Pfingsten rund 4.000 Menschen
in einer Großstadt einquartiert? Mit der Zahl der Teilnehmenden
wächst zwangsläufig auch das Volumen der Organisation:
das bedeutet nicht nur mehr Unterkünfte und Hotelbetten, sondern
auch mehr Wertungsstätten, mehr Juroren, das bedeutet in der
Folge, das Team aufzustocken weitere Hausbe-treuer, Juryprotokollanten,
Fahrer, Koordinatoren müssen rekrutiert werden. All das geschieht
mit Blick auf die Jugendlichen im Alter von 13 bis 21 Jahren (Sänger
bis 27 Jahre), die Hauptpersonen dieses Wettbewerbs, denn Ziel ist
es in jedem Jahr aufs Neue, den Wettbewerb für alle Musiker
und Gäste so effizient, so entspannt wie möglich zu gestalten.
Der durchorganisierte Rahmen soll die Wertungsspielenden in die
Lage versetzen, ihre Konzentration auf genau jene 20 Minuten Vorspiel
zu fokussieren, für die sie das Jahr über geübt und
denen sie entgegengefiebert haben. Grundvoraussetzung für eine
funktionierende logistische Großmaschinerie dieser Art ist
ein gesicherter finanzieller Rahmen. Vielleicht wäre das Förderprojekt
Jugend musiziert nie mit diesem Wachstums-Potenzial
realisiert worden, wenn es nicht seit seiner Stunde Null
engagierte Förderer wie das Bundesministerium für Familie,
Frauen, Senioren und Jugend und die Deutsche Stiftung Musikleben
zur Seite gehabt hätte, die kontinuierlich erhebliche Beiträge
zur jährlichen Grundfinanzierung leisteten. Was 1963, im Gründungsjahr
des Wettbewerbs Jugend musiziert, als engagierter Aufruf
des Kuratoriums der Deutschen Stiftung Musikleben begonnen hatte,
ist in den nunmehr 38 Jahren Partnerschaft zu einer vertrauensvollen
Verbindung zusammengewachsen. Wir rufen alle dem Musikleben
verbundenen Kreise, die privaten Mäzene und die Unternehmer
und Verbände auf, durch großzügige Spenden die Aufgabe
der Deutschen Stiftung Musikleben zu unterstützen!, so
die Stiftungsgründer 1962 in München. Worin sah und sieht
die Stiftung ihre Aufgabe? Musikerziehung und Musikpflege zu fördern
und den Nachwuchs für den Musikerberuf auszubilden. Dazu wurden
drei Maßnahmen formuliert: Förderung von Musikbegabungen,
Starthilfe für die Konzertlaufbahn junger Künstler und
Intensivierung von Kontakten zu ähnlich ausgerichteten Organisationen.
Diese Ziele decken sich im Kern mit denen von Jugend musiziert.
Zwischen 1967 und 1987 waren sie eng mit dem Namen Eduard Söring
verbunden, der einen regen Kontakt zu namhaften Persönlichkeiten
aus Politik, Wirtschaft und Kultur pflegte und so einen Kreis von
Mäzenen, Förderern und Spendern für die Musik gewann,
der der Stiftung noch heute die Treue hält und inzwischen auf
über 100 hervorragende Adressen angewachsen ist.
Die Deutsche Stiftung Musikleben hält das außergewöhnliche
Engagement ihres Geschäftsführers und späteren Vorstandsvorsitzenden
mit dem 1992 ins Leben gerufenen und mit 12.000 Mark dotierten Eduard-Söring-Preis
in ehrendem Gedächtnis. Vergeben wird dieser Preis für
eine außergewöhnliche Leistung im Fach Streicher. Einem
ihrer Gründerväter, dem Musikverleger Dr. Hans Sikorski,
hat die Stiftung 1994 den mit 5.000 Mark dotierten Hans-Sikorski-Gedächtnispreis
für die beispielhafte Interpretation eines Werkes eines
lebenden Komponisten gewidmet. Beide Preise sowie weitere
Sonderpreise an die höchstpunktierten Bundespreisträger
im Gesamtwert von über 40.000 Mark vergibt die Stiftung jedes
Jahr im Rahmen des Bundeswettbewerbs Jugend musiziert.
Darüber hinaus ist die Deutsche Stiftung Musikleben über
ihre Vertretung im Hauptausschuss auch in die inhaltliche Gestaltung
einbezogen und koordiniert über die jährlich veranstaltete
Stiftersitzung die Interessen und die Preisverleihung der rund 20
am Bundeswettbewerb beteiligten Stiftungen.
Mit der Wahl Irene Schulte-Hillens zur Vorstandsvorsitzenden 1992
nahm die Stiftung, bis dahin eine Art Geldsammelstelle
zugunsten ausgewählter Förderprojekte des Deutschen Musikrats
allen voran Jugend musiziert, ihre operative
Tätigkeit auf. Seitdem erfährt die Arbeit der Stiftung,
die keine vermögende, sondern eine reine Fundraising-Stiftung
ist, zudem eine große Entlastung: Jede gespendete Mark
kommt zu hundert Prozent dem eigentlichen Stiftungszweck zugute,
da das Haus Bertelsmann die Finanzierung der Geschäftsstelle
in Hamburg übernommen hat.
Dass Vorstand und Kuratorium ehrenamtlich arbeiten, sei als Selbstverständlichkeit
nur nebenbei erwähnt, so Irene Schulte-Hillen. Dank ihrer
eigenen Förderprojekte und der Einrichtung einer Geschäftsstelle
ist die Stiftung seit 1992 imstande, einen Schwerpunkt der Stiftungssatzung
konsequent zu realisieren: die Förderung herausragender Begabungen.
Das Foyer Junger Künstler ist nunmehr in der neunten
Saison mit rund 40 Konzerten in Hamburg und anderen deutschen und
europäischen Städten erfolgreich. Im Foyer geben
wir unseren Preisträgern und Stipendiaten die Chance, vor einem
zugewandten Publikum Podiumserfahrung zu sammeln. Auch die Begabtesten
lieben und brauchen dieses Erlebnis.
Ein Jahr später, 1993, rief die Deutsche Stiftung Musikleben
ein weiteres, an Bedeutung gewinnendes Projekt ins Leben, den Deutschen
Musikinstrumentenfonds. Gegründet als gemeinsame Initiative
mit dem Bundesministerium des Innern (heute die Abteilung für
Kultur und Medien im Bundeskanzleramt), verwaltet die Stiftung treuhänderisch
über 90 wertvolle historische Streichinstrumente aus dem Besitz
des Bundes, der Stiftung und zunehmend privater Herkunft, darunter
Instrumente aus den Händen von altitalienischen Meistern wie
Guarneri, Gagliano oder Guadagnini. In einem jährlich im Frühjahr
stattfindenden Wettbewerb werden diese Instrumente an junge Musikerinnen
und Musiker unter ihnen ungezählte Bundespreisträger
Jugend musiziert für zunächst ein Jahr
mit Verlängerungsmöglichkeit verliehen. Eine zweite Vergabe
an von der Bundesjury vorgeschlagene Preisträger Jugend
musiziert findet regelmäßig im Herbst statt. Durch
den Fonds haben wir den Kreis unserer Stipendiaten um eine ganze
Reihe von eindrucksvollen jungen Musikerpersönlichkeiten bereichert,
sagt Irene Schulte-Hillen. Immer wieder laufen die Kontakte zurück
zu Jugend musiziert, zu den vielen Bundespreisträgern,
die aus dem Wettbewerb hervorgehen und die von der Deutschen Stiftung
Musikleben in ganz individueller Weise gefördert werden. Zu
vielen der von ihr ausgezeichneten Bundespreisträger hat sich
über die Jahre ein enges Vertrauensverhältnis aufgebaut.
Veranstaltet die Stiftung ein besonders schönes Konzert oder
ein großes Musikfest, kommen die Stipendiaten, so wie der
Klarinettist Clemens Trautmann oder die vier Saxophonisten von Saxemble,
auch schon mal extra aus dem Ausland angeflogen. Mit der Verdopplung
ihres jährlichen Förderbetrages für den aktuellen
Bundeswettbewerb in Hamburg signalisiert die Deutsche Stiftung Musikleben
dem Projekt Jugend musiziert einmal mehr, wie engagiert
sie das Projekt verfolgt und welchen Wert sie seinem Erhalt und
Ausbau beimisst. Die Freude und Begeisterung für die Musik,
das gemeinsame Ziel, begabte junge Musiker zu fördern, verbindet
die Macher von Jugend musiziert und der
Deutschen Stiftung Musikleben. Mit den Worten von Alt-Bundespräsident
Roman Herzog anlässlich des Konzertes der Stiftung in Schloss
Bellevue 1997: Musik ist eine Quelle der Kraft und der Kreativität,
individuell wie für die Gemeinschaft. Wir müssen uns deshalb
ganz bewusst darum bemühen, diese Inspirationsquelle nicht
austrocknen zu lassen.