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nmz-archiv
nmz 2001/06 | Seite 15
50. Jahrgang | Juni
Initiative
Konzerte für Kinder
Farben tanzen, Klänge zischen, Kinder prusten
Ein Kinderkonzert-Projekt an der Saarbrücker Hochschule
für Musik und Theater
Da sitzt er: Monet, der Leibhaftige. Mit rauschigem Bart und dickem
Bauch, trinkt zu früher Stunde Rotwein und ergießt sich
über Kunst. Mit dabei sitzen Debussy und Renoir, die ihre Nasen
ebenfalls im Glas vegraben haben. Rundherum Tische und Stühle,
Laternen, eine kleine Straße. Viel Mühe haben die Studierenden
der Hochschule für Musik und Theater in Saarbrücken in
die Kulissen gesteckt.
Monets und Renoirs Farben
treten aus den Bildern. Foto: hmtpress Saarbrücken
Dass Monet eigentlich gar nicht Monet ist, sondern der Museumspädagoge
des Saarlandmuseums, Wolfgang Birk, vergisst man leicht. Die beiden
anderen Schauspieler scheinen im Vergleich ein wenig zu faltenlos,
aber man hat ja Fantasie. Vor allem die 150 Grundschulkinder, die
in den Museumssaal geströmt sind. Motto: Tanz der Farben. Diese
wirbeln dann auch recht aufdringlich herum. In rot, blau und gelb
gekleidet, hüpfen drei Kommilitonen durchs Publikum und schneiden
eindrucksvolle Grimassen. Doch so sehr sie sich bemühen, die
jungen Zuschauer sind ihnen überlegen. Einer streckt die Zunge
heraus: Bäh! Unnachahmlich. Im Zusammenhang mit
der Ausstellung Die Entdeckung des Lichts (noch bis
zum 1. Juli im Saarlandmuseum zu besichtigen) fand dieses Kinderkonzert
zum Thema Impressionismus statt. Seit letztem Oktober arbeiteten
die Studenten der Elementaren Musikpädagogik an der Bühnenreife
ihres Werkes. Seit letztem Oktober, das bedeutet ein halbes Jahr
Arbeit zusätzlich zum Studium: Es war schon sehr stressig,
gesteht Esther Klein, alias Renoir, aber es macht unglaublich
viel Spaß. Jeder aus der Gruppe ist voll dabei. Das
ist zu spüren, auch wenn das Engagement bisweilen nicht zur
vollen Entfaltung kommt.
Manche Szenen wirken noch zu verhalten, meint eine
der wenigen erwachsenen Zuschauerinnen. Zum Beispiel in Die
Musik kommt, einer improvisierten Vertonung des Gedichts von
Detlef von Liliencron. Originelle Ideen gibt es zuhauf: Gemüsereiben,
Radiogeräte, Saugglocken, Zeitungen, Besteck werden ihres Urzwecks
beraubt und mit konventionellem Instrumentarium kombiniert. Doch
hätte diese Szene durchaus noch stilisierter ausfallen dürfen.
Die Kinder zeigen da weniger Scheu. Als Moderator Michael Dartsch,
Professor für Elementare Musikpädagogik, zur Vokalimprovisation
ruft, lassen sie sich nicht lange bitten. Bemerkenswert, wie er
es schafft, das Gewusel trotz geballten Überschwangs im Zaum
zu halten. Die eine Hälfte zischt und brummelt, wispert und
prustet. Währenddessen malt der andere Teil seine Eindrücke
auf eine Rolle Papier. Anschließend wird gewechselt. Unter
den neidischen Blicken der Lehrer verläuft die Rückkehr
auf die Plätze ohne Gedränge das Chaos bleibt aus.
Fünfmal wurde das Kinderkonzert mit Werken Debussys und Ravels
(live und vom Band) aufgeführt. Es gibt sogar Anfragen von
anderen Schulen, die die Truppe für ihre Klassen mieten wollen.
Da erübrigt sich die Frage, wie die Inszenierung beim Publikum
ankam. Wir hatten schon den Eindruck, dass es den Kindern
gefallen hat, bestätigt dann auch Monique Steffen, die
in der Rhythmik-Tanzgruppe mitwirkte. Die positive Resonanz bei
der Generalprobe vor älteren Zuschauern zeigte überdies,
dass das Programm auf verschiedene Zielgruppen adaptiert werden
kann. Trotz mancher Lücken im Spannungsbogen und kleiner Schönheitsfehler,
etwa der teils indiskreten Beleuchtung oder der mäßigen
Soundanlage: das Konzept ist gelungen. Eine sehr interessante
Idee, bildende Kunst, Theater und Musik auf so lebendige Weise zusammenzuführen,
so das Fazit von Barbara Stiller, Projektleiterin der Initiative
Konzerte für Kinder der Jeunesses Musicales Deutschland:
Schön, dass das junge Publikum so abwechslungsreich in
das Geschehen integriert war: als Zuhörer, Maler und Mitspieler.
Für jeden war etwas dabei. Die Symbiose ist also geglückt.
Prost Herr Monet! Sie haben es sich verdient.