[an error occurred while processing this directive]
nmz-archiv
nmz 2001/06 | Seite 6
50. Jahrgang | Juni
Musikwirtschaft
Das Geschäft mit der Musik
Die 11. internationale IAMA-Konferenz in Leipzig
Selten trifft man mehrere von ihrer Spezies auf einem Haufen und
dazu noch an exponierter Stelle: Die Rede ist von Künstleragenten
und Konzertmanagern. Etwa 300 Damen und Herren, die im weltweiten
Konzertbetrieb die Zügel in der Hand, sich selbst aber eher
im Hintergrund halten, trafen sich Ende April im Leipziger Gewandhaus
zur alljährlichen Konferenz der International Artists Managers
Association (IAMA).
Nie zuvor hatten Künstlermanager und alle, die mit Künstlern
arbeiten, sich mit so vielen Problem auseinander zu setzen, mussten
so kreativ und offen sein, betonte die IAMA-Vorsitzende Virginia
Braden aus Sydney bei der Eröffnung der Tagung. In Zeiten weltweit
leerer Kassen kommt dem Geschäft mit der Musik
ein hoher Stellenwert zu. Dass sich dies auch auf die Inhalte der
Kunst auswirkt, ist unbestritten und wurde schon beim Eröffnungsvortrag
mehr als deutlich. Der Amerikaner Gilbert Kaplan, einst ein Wallstreet-Tycoon
mit millionenstarkem Privatvermögen, stellte in seiner Rede
die Frage, warum zeitgenössische Musik so wenig Publikum hat,
sprich sich so schwer verkaufen lässt. Kaplans These ist simpel:
den heutigen Komponisten sei schlichtweg die Melodie abhanden gekommen.
Wenn das Publikum wieder mit Melodien auf den Lippen aus dem Konzertsaal
oder der Oper käme, dann würde auch die Krise der neuen
Musik ein Ende haben, meinte Kaplan, dem man aufgrund seines früheren
Lebens den Sinn für das, was sich gut verkauft, auf keinen
Fall absprechen kann.
Im Podiumsgespräch unter anderem mit Matthias Brixel, Geschäftsführer
eines Unternehmens der New Economy, und Hubert Wölbitsch,
der eine weltweit erfolgreiche Software zur Orchesterverwaltung
entwickelt hat, wurde der Nutzen neuer Technologien für die
Praxis des Musikgeschäfts erörtert. Ob das Gespräch
für die anwesenden Konzertagenten und Manager Anregungen geben
konnte, ist fraglich. Dass es den Protagonisten die gute Gelegenheit
gab, ihre Produkte anzupreisen, ist dagegen unbestritten.
Mehr Ergebnisse förderte die Gesprächsrunde unter der
Überschrift Brauchen wir die Schallplattenindust-rie?
zutage. Klar wurde, dass die x-te Einspielung der Beethoven-Sinfonien
nicht der Weg in die Zukunft sein kann. Gefordert sei, so der Geschäftsführer
eines Berliner Schallplattenlabels Jens Quint, mehr Kommunikation
zwischen den Künstlern und denen, die bei der Produktion und
Vermarktung von Musik aus der Konserve das Sagen haben.
Dass man mehr miteinander reden muss, war allerorten auf der IAMA-Konferenz
zu hören. Der Austausch fand in nahezu allen Winkeln des Musentempels
statt da wurden Spielpläne neu gestrickt, Vermarktungsstrategien
beraten und auch überlegt, wie man junges Publikum für
das Konzertleben gewinnen kann. Für den Leiter des Amsterdamer
Concertgebouws Martijn Sanders ist dieses Problem nicht mehr drängend.
Auf seine Initiative hin besuchen sämtliche Schüler aus
dem Raum Amsterdam viermal in ihrer Schulzeit die Konzerthalle.
Solche Initiativen sind im Nachbarland auch mehr als nötig,
denn mit staatlichen Subventionen kann der Concertgebouw, im Gegensatz
etwa zum Leipziger Gewandhaus oder dem Münchner Gasteig, kaum
rechnen, Sponsoring heißt das allmächtige
Zauberwort.
Kunst und Geld das uralte Dilemma mit all seinen Auswirkungen
beherrschte die Inhalte der IAMA-Konferenz und die Diskussionen
darüber brachten keine bahnbrechenden neuen Erkenntnisse. Trotzdem,
so die IAMA-Vorsitzende Virginia Braden, war Leipzig ein Erfolg
und hat bewiesen, wie wichtig es ist, dass die Szene
regelmäßig zusammenkommt.