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nmz-archiv
nmz 2001/06 | Seite 22
50. Jahrgang | Juni
Bücher
Königskinder und Theresienstadt
Dokumente zu Elsa Bernstein-Porges und Humperdinck
Eva Humperdinck Sr. M. Evamaris: Engelbert Humperdinck in seinen
persönlichen Beziehungen zu Richard Wagner, Cosima Wagner,
Siegfried Wagner, dargestellt am Briefwechsel und anderen Aufzeichnungen.
Bd. II: 18971904; Bd. III: 19051921, Görres Verlag,
Koblenz 1997, 427 Seiten und 1999, 356 Seiten
Elsa Bernstein-Porges: Das Leben als Drama. Erinnerungen an
Theresienstadt, hrsg. von Rita Bake und Birgit Kiupel, Edition
Ebersbach, Dortmund 1999, 190 Seiten
Ein Märchen, das im 20. Jahrhundert von zahlreichen Experten
als die Kunstmärchen-Oper par excellence angesehen wird, sind
Die Königskinder von der Dichterin Elsa Bernstein-Porges
(18661949), in der Vertonung von Engelbert Humperdinck. Die
jüdische Dichterin erzählt darin unter dem Pseudonym
Ernst Rosmer die Geschichte zweier sozial extrem unterschiedlich
angesiedelter Liebender, denen nur gesellschaftliche Außenseiter
und Kinder den Rang eines geistigen Königtums einräumen.
Das 1897 am Münchner Hoftheater als Melodram und 1910 an
der Metropolitan Opera als durchkomponierte Oper uraufgeführte
Königskinder-Märchen war für eine Reihe
von Komponisten im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts Vorbild und
Anreiz. Besondere Popularität unter den Metaopern zu den Königskindern
erlangte Franz Schrekers Der Schatzgräber, die
zehn Jahre später, 1920 in Frankfurt am Main, ihre Uraufführung
erlebte.
In ihren Briefen an Engelbert Humperdinck, die in der dreibändigen
Ausgabe, herausgegeben von der Humperdinck-Tochter, erstmals erschienen
sind, polemisierte Cosima heftig gegen die Dichterin. Zurückzuführen
schien dies auf Cosimas unbeugsamen Antisemitismus.
Wie erst jetzt durch eine Publikation bekannt wurde, war die Wurzel
von Cosimas Bosheit darüber hinaus familiärer Art. Denn
die begabte Dichterin war ihre Nichte. Elsa Bernsteins Vater war
der von Richard Wagner zärtlich geliebte Münchner Liszt-Schüler
Heinrich Porges, was für Cosimas Eifersucht und ihr erfolgreiches
Bestreben in der Zerstörung von Richard Wagners Männerfreundschaften
etwa seiner Beziehung zu Peter Cornelius allein schon
Grund genug gewesen wäre. Aber Heinrich Porges war nicht nur
Liszts Schüler, sondern sein illegitimer Sohn und Cosimas Halbbruder!
Die mit dem jüdischen Münchner Arzt Bernstein verheiratete
Dichterin wurde, wie auch ihre Schwester, ins KZ Theresienstadt
eingeliefert. Auf Intervention Winifred Wagners, die ihren Duzfreund
Hitler wohl über die wirklichen Familienhintergründe aufgeklärt
hat, überlebte Elsa Bernstein-Porges das KZ, nicht jedoch ihre
Schwester Gabriele, eine weitere Liszt-Enkelin.
Das in jeder Phase höchst spannende Leben von Elsa Bernstein-Porges
ist nachzulesen in ihren Memoiren Das Leben als Drama,
das, herausgegeben von Rita Bake und Birgit Kiupel mit dem Zusatz
Erinnerungen an Theresienstadt erstmals veröffentlicht
wurde. Über 130 Seiten in dem 190 Seiten umfassenden Büchlein
sind die Erstveröffentlichung des von den Nachkommen der Dichterin
verwahrten, auf einer Blindenschreibmaschine verfertigten Typoskripts.