Von Wilhelm Lehr, Präsidiumsmitglied des Bayersichen Musikrates
Unterricht an Schulen wird durch zahlreiche, unterschiedliche und
äußerst komplexe Faktoren bestimmt. Dies gilt besonders
für den Musikunterricht, weil der Gegenstand selbst, also die
Musik in ihren historischen, pädagogisch-didaktischen, intellektuellen
und psychischen Bedingungen in höchstem Maße vernetzt
angelegt und kompliziert organisiert ist. Musik gilt zusammen mit
nur wenigen Fächern als jener Bereich der Schule, der auch
ganz wesentlich von der familiären erzieherischen Vorerfahrung,
von der Gegenwartskultur der Gesellschaft, von der sozialen Kompetenz
des Individuums und von der ganzheitlichen Bildung des Einzelnen
(mit all ihren Facetten) geprägt ist.
Diese einerseits fachlich-sachlichen und andererseits wahrlich-humanen
Bedingungsfaktoren machen nicht nur die Berufswahl zum Musiklehrer
recht schwer, vielfach sogar sehr folgenschwer, sie fordern zudem
in jedem Fall eine qualitativ hoch stehende Struktur der Lehrerbildung.
In Bayern hat nun, ausgehend von der Entschließung der CSU-Fraktion
im Landtag im September 2000 eine entscheidende Phase der Reform
der Lehrerbildung eingesetzt, die bereits im Januar 1998 in dem
Konzept Die Qualität des bayerischen Bildungswesens sichern
erste Impulse erhalten hatte (s. nebenstehender Leitartikel). In
diesem Reformvorhaben sind nun beachtliche Ansätze zu finden,
die eine Optimierung der fachwissenschaftlichen Voraussetzung für
eine erfolgreiche Lehrertätigkeit ermöglichen, die auch
entsprechende erziehungswissenschaftliche und didaktische Grundkenntnisse
gewährleisten.
Erstmals wird eine geradezu kopernikanische Wende
im Berufsdenken von Lehrern vollzogen, denn bald soll das Studium
von Schulfächern zum Studium eines Berufes entwickelt werden,
wobei die berufsbezogene Eignung mehr Beachtung finden soll als
bisher (Orientierungspraktikum, schulpädagogisches Blockpraktikum,
fachdidaktisches Praktikum, studienbegleitende Praktika).
Mehrmals tagte im Kultusministerium auf der vorgenannten Grundlage
eine Fachkommission zur Änderung der LPO I, die im Wesentlichen
von Professoren der Hochschulen und Universitäten, von Repräsentanten
der Seminarausbildung und von Ministerialbeamten der Fach- und Schulreferate
und des Prüfungsamtes gebildet wurde. Der Bayerische Musikrat
war als Vertreter der fachbezogenen Berufsverbände und aller
Musikverbände präsent und Frau OStRin Elisabeth Bauer
vertrat in der Fachkommission das Referat Musik am ISB.
Auch wenn die neue LPO I noch nicht endgültig formuliert
ist, so steht doch fest, dass der Praxisbezug durch neue fachliche
Teildisziplinen verbessert und aktualisiert wird. In großer
Übereinstimmung fand man auch Wege, die Eingangsvoraussetzung
(Aufnahmeprüfung) von schulenthobenen Forderungen zu säubern
und das Staatsexamen durch die Möglichkeit von vorgezogenen,
studienbegleitenden Leistungsnachweisen zu entzerren. Insgesamt
zeichnet sich schon jetzt eine positive Entwicklung ab, die als
Bild eines Schulmusikers eine berufsbezogen-qualifizierte, individuell
geprägte und geförderte Person entwickelt und kein fachliches
Einheitsmodell.