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nmz-news
nmz 2001/07-08 | Seite 2
50. Jahrgang | Juli/August
Personalia
Personalia
Die neue musikzeitung hat ihre interaktiven Tätigkeiten ausgeweitet.
Mit dem Kulturinformationszentrum
stellen wir die engagierte Diskussion in das Zentrum der Aktivitäten
im Netz. An dieser Stelle können Fragen gestellt, Informationen
verbreitet und die Arbeiten anderer kultureller Initiativen zur
Darstellung gebracht werden.
Seit 1949 gehörte er zu den Größen der damals
noch so genannten race music, John Lee Hooker, geboren
am 22. August 1917 in Clarksdale, Mississippi. Mit Boogie
Chillen und Im In The Mood eroberte er Anfang
der Fifties die RhythmnBlues-Charts. Schon
damals schuf er eine neue Form des Blues, geprägt von
seinem guttural-monotonen, eher erzählenden Gesangsstil und
einer perkussiv-rhythmischen Gitarrentechnik (Rockmusik-Lexikon).
Und monoton waren wahrlich seinen größten Hits für
Vee Jay Records wie Dimples oder Boom
Boom. Das Bum-Bum-Pochen vernahm man in den Sixties auch in
England, und keiner konnte sich damals der Hooker-Hookline entziehen,
von den Animals bis zu Alexis Korners CCS. Auf dem Kontinent
nahm man ihn 1962 zum ers- ten Mal so richtig wahr, auf dem 1. American
Folk Blues Festival. Zusammen mit Canned Heat nahm er 1970
sein bis dahin erfolgreichstes Album auf, Hooker N Heat.
Nach einem kurzen Gastspiel in dem Kultfilm The Blues Brothers
verschwand er fast ein Jahrzehnt lang von der Bildfläche. Bis
er Ende der 80er-Jahre als The Healer wieder auftauchte.
Kurze Zeit später spielte er zusammen mit Miles Davis und Taj
Mahal das Soundtrack-Album zu Dennis Hoppers The Hot Spot
ein. Ein Klassiker des Genres, abstrakter Blues vom
Feinsten. Nun regnete es für The Hook Grammys.
Mit der LP Mr. Lucky gelang ihm 1991 sein größter
Hit in Europa. John Lee Hooker starb am 21. Juni in San Francisco.
vr
P. Rupert Fischer
Völlig überraschend starb am 18. Juni im Alter von 62
Jahren P. Rupert Fischer OSB, der Mitherausgeber der Beiträge
zur Gregorianik (ConBrio). Rupert Fischer studierte von 1959
bis 1965 an der Päpstlichen Hochschule der Benediktiner San
Anselmo in Rom Theologie und Philosophie, wo er mit P. Eugène
Cardine OSB zusammentraf, der Gregorianischen Choral auch in San
Anselmo unterrichtete. Dieses Zusammentreffen hat das Leben von
Rupert Fischer zutiefst geprägt. Mit Cardine verband ihn nicht
nur ein Lehrer-Schüler-Verhältnis, sondern eine lebenslange
Freundschaft. Als Fachmann auf dem Gebiet der gregorianischen Paläographie
hat er nicht nur die Arbeit des Restitutionskreises von Beginn bis
in die Gegenwart maßgeblich geprägt und beeinflusst.
Kulturgroschen 2001
Der Deutsche Kulturrat verleiht den Kulturgroschen des Deutschen
Kulturrates 2001 an Karl Ganser. Der Kulturgroschen des Deutschen
Kulturrates wird für besondere Verdienste in der Kunstförderung
und Kulturpolitik jährlich verliehen. Der Deutsche Kulturrat
würdigt mit der Vergabe des Kulturgroschens 2001 die Verdienste
von Karl Ganser in Baukultur und Stadtentwicklung. Herausragende
Verdienste hat Karl Ganser in seiner Tätigkeit als Leiter der
Internationalen Bauaustellung Emscher Park erworben. Dieses Vorhaben
vereinigt beispielhaft Baukultur, Stadtentwicklung, Ökologie,
Wirtschaft und sozialen Wandel. Die Verleihung des Kulturgroschens
findet am 26. September 2001 in der Berlin-Brandenburgischen Akademie
der Wissenschaften statt.
Hans-Peter Reinecke 75
Wenn wissenschaftliche und angewandte Interdisziplinarität
einen Namen trüge, dann hieße dieses begriffliche Monster
ganz einfach Hans-Peter Reinecke. Mit seiner Habilitationsschrift,
Experimentelle Beiträge zur Psychologie des musikalischen
Hörens (1961), bildet sich einer seiner wichtigsten künftigen
Forschungs- und Lehrbereiche heraus; ab 1967 ist der am 27. Juni
1926 in Ostpreußen geborene Berliner Professor für Musikwissenschaft
in Hamburg, später zeitweilig auch an der (West-)Berliner Hochschule
für Musik. 1965 ist er Mitglied im Gründungsvorstand des
Arbeitskreises Musikpädagogische Forschung (AMPF), von 1969
bis 1976 gehört er dem Präsidium des Deutschen Musikrates
an und bringt die Strukturanalyse des Deutschen Musiklebens
auf den Weg. 1969 ist er initiativ an der Entwicklung experimenteller
musikpsychologischer Untersuchungen an schizophrenen Patienten und
an der Gründung der Deutschen Gesellschaft für Musiktherapie
(DGMP) beteiligt. Zu Reineckes täglich zu besichtigenden Verdiensten
zählt zwischen 1979 und 1984 die Leitung des Neubaus des Staatlichen
Instituts für Musikforschung (SIM) der Stiftung Preußischer
Kulturbesitz. In der Wendezeit engagiert er sich mit der Beratung
des Runden Tisches der DDR sowie mit der Organisation der ersten
Potsdamer Konferenz über kulturpolitische Probleme. Seit 1994
leitet er das Musikwissenschaftliche Institut und das Institut für
Musikpädagogik der Universität Halle-Wittenberg. mj
Hilfe! Hilfe! Er ist unsterblich
Der Komponist Gian Carlo Menotti wird neunzig
Er ist im wahrsten Sinn des Wortes das, was bei anderen meist nur
gedankenlos dahingeplappert wird: Ein Weltbürger. In Italien
geboren, das Elternhaus wohlhabend, die Mutter musikalisch. Mit
elf Jahren hatte er schon zwei Opern komponiert. Nach dem Tod des
Vaters siedelte er mit der Mutter nach Amerika über. Toscanini
empfahl den Studenten einer hochkarätigen Musikhochschule:
das Curtis Institute of Music, an dem er später dann auch lehrte.
In dieser Zeit entstand seine erste abendfüllende Oper, Amelia
geht zum Ball, der dann in schöner Regelmäßigkeit
ein Dutzend weiterer Bühnenwerke folgte.
Die Rede ist von Gian Carlo Menotti, der am 7. Juli 2001 seinen
neunzigs-ten Geburtstag feiert. Wo? Selbstverständlich im italienischen
Spoleto, bei seinem 1958 gegründeten Festival
dei due Mondi. Das Festival zweier Welten hat im Laufe der
Jahre noch Ableger erhalten, in Amerika in Charleston sowie im australischen
Melbourne. In Schottland erwarb er für sein Alter auch noch
einen Landsitz: Auch in Gian Carlo Menottis (Musik)-Reich geht die
Sonne nie unter. Dass ihn die seriellen Avantgardisten von Anfang
an missachteten, hat ihn nicht gerührt. Er konnte sie auch
nicht recht leiden. Bekannt wurde sein Ausspruch, er wolle mit seinem
Schaffen Öl in den Essig der neuen Musik gießen.
Menottis Werke, seine Opern vor allem, scheuen nicht das Populäre.
Effektvolle Libretti, die er sich immer selbst schrieb, bewirken
Anteilnahme des Publikums, süffige Melodik, die nach Puccini
und Lehár schmachtet, gefällt dem normalen Opernfreund.
Man sollte das heute nicht mehr so kritisch bewerten oder sogar
verachten. Auch die Bemühungen um eine volkstümlichere
Opern-Musik-Sprache sind legitim. Und mit The Consul,
1950 in New York uraufgeführt und auch in Deutschland viel
gespielt, gelang Menotti ein packendes, ergreifendes Werk, das nach
den Jahren terroristischer Menschenverfolgung genau und schmerzhaft
den Nerv der Zeitgenossen traf. Bei der Wiederbegegnung mit dem
Konsul vor einigen Jahren war man überrascht, wie
nah das Schicksal der Figuren uns noch steht.
Menotti kann auch wunderbar heiter und amüsant sein. Vor zwei
Spielzeiten kam er nach Gießen, um einer Aufführung seiner
Kinderoper Hilfe! Hilfe! Die Globolinks beizuwohnen.
Was heißt beiwohnen? Menotti mischte sich aktiv in das Premierengeschehen
ein, beschäftigte sich herzlich und intensiv mit den Kindern
und Jugendlichen, die in großer Zahl die Vorstellung besuchten.
Bei dieser Gelegenheit entstand auch unser Foto: Der Kompopnist
mit einer großen Palette, die mit Autogrammen und Bildern
bemalt wurde. Das Theater als lebendiger Treffpunkt, leider nur
für einen Abend. Übrigens: Help! Help! The Globolinks
erwies sich in Gießen als ein putzmunteres, witziges, intelligentes
Musik-Theater-Stück für Groß und Klein. Man sollte
es öfter aufführen. Auch den Konsul und die
Amelia. Die Werke hätten es verdient.
Gerhard Rohde
Hindemith-Preis für Adès
Den mit 20.000 Mark dotierten Hindemith-Preis beim Schleswig-Holstein
Musik Festival erhält in diesem Jahr Thomas Adès. Der
1971 geborene britische Komponist wird in England schon als neuer
Benjamin Britten gefeiert und vertritt einen Stil, in dem avantgardistische
und traditionelle Elemente in Verbindung zueinander gesetzt werden.
Seine Kammeroper Powder Her Face wurde kürzlich
in Hamburg erfolgreich präsentiert. Unser Bild zeigt Adès
in einer Probensituation: trotz Telefon das Orchester konzentriert
im Blick.