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nmz-archiv
nmz 2001/07-08 | Seite 39
50. Jahrgang | Juli/August
Musik-Termine
Uraufführungen
Festliches Alibi?
Die Zeit der Festspiele, Festivals und Musikfestwochen ist wieder
angebrochen, und fast ein jedes größere Exemplar schmückt
sich mit mindestens einer Uraufführung von möglichst
internationalem Format. Was für einige Intendanten lediglich
Alibifunktion im Rahmen des üblichen Festivaltrotts hat (kommt
Repertoire eigentlich von Repetieren?),
ist für andere unverzichtbarer Bestandteil lebendig präsentierter
Musikkultur, Beitrag zur Bildung eines zukünftigen Repertoires.
Etwa für den Konzertgestalter Maurizio Pollini, der an seinen
Salzburger Progetto-Abenden in den letzten Jahren erfolgreich
gemischte Programme bot, in diesem Jahr (am 30. Juli) sein Konzert
aber ausschließlich Neuer Musik widmet, darunter Uraufführungen
von Giacomo Manzoni und Brian Ferneyhough. Manzoni liefert mit
Oltre la soglia für Mezzosopran und Streichquartett
ein in memoriam für den im vergangenen Jahr verstorbenen
Franco Donatoni. Ferneyhough arbeitet sich mit seinem (um fünf
neue Sätze ergänzten) knapp fünfzigminütigen
The Doctrine of Similarity für Chor und Ensemble
an die zeitlichen Dimensionen seines zurzeit in Entstehung begriffenen
Musiktheaterwerks heran. Angesichts der kompromisslos ausdifferenzierten
Schreibweise dieses Wahl-Kaliforniers ist von Seiten des Klangforums
Wien und des Arnold Schoenberg Chors ein Bravourstück zu erwarten.
Rein retrospektive Festivals verdienen in der Regel Verachtung.
Reine Avantgarde-Festivals vielleicht aber auch, sofern man es sich
hier im öffentlich subventionierten Abseits bequem macht und
selbstzufrieden den eigenen Klangbrei anrührt. Es gibt aber
auch Avantgarde-Festivals zum Anfassen, oftmals in der
so genannten Provinz. Solcher Eigenart kann sich das
Festival im kleinen Rümlingen (samt Nachbargemeinden)
rühmen, das sich in diesem Jahr (15.18. August) den Themen
Nacht und Feuer widmet. Hier werden die
Menschen vor Ort mit einbezogen, neue Hörer für Klangabenteuer
begeistert, etwa durch Klanginstallationen oder Feuerperformances
auf öffentlichen Plätzen, audiovisuelle Musikprogramme
oder auch ein Gesprächsforum für Mitwirkende und Publikum.
Als Uraufführungen sind Werke junger Schweizer (Heidi Baader-Nobs,
Gary Berger, Rico Gubler, Mario Pagliarani) und internationaler
Komponisten (Natalia Gaviola, Vinko Globokar, Robin Hoffmann,
Héctor Moro) angekündigt. Und in der Musiktheater-Aktion
Alkestis Material nach Euripides von Urs Troller präsentieren
acht Musiker und Schauspieler, die seit über zwei Jahren mit
einer neuen, ent-personalisierten Theatersprache experimentieren,
erstmals das Resultat ihrer Arbeit.
Michael Zwenzner
Weitere Uraufführungstermine
6.7.: Peter Maxwell Davies: Canticum Canticorum für
Chor und Orchester, 50. Internationale Orgelwoche Nürnberg
8.7.: Paul Engel: Missa, Tiroler Festspiele Erl
13.7.: Patrice Fouillaud: Perturbations für Klavier;
Festival Ganz Ohr, Rostock
13.7.: Hans Schanderl: Ex Lux Aeterna für gemischten
Chor und Orgel, Stuttgart
15.7.: Mark-Anthony Turnage: A Quick Blast für Bläser
und Schlagzeug,
Cheltenham
21.7.: Paul Usher: Streichquartett, SommerKonzerte Donau
Altmühl, Eichstätt
2.8.: Christoph Reiserer: Musikperformance für Saxophon,
Akkordeon und Videotechnik, München
8.8.: Thomas Daniel Schlee: Der Esel Hesékiel für
Erzählerin und Orchester, Villach
19.8.: Vinko Globokar: Rêve dun touriste slovène
au Wallis für 8 Instrumente,
Musikfestwochen Luzern
23.8.: Rolf Urs Ringger: Luci di Prometeo für Orchester,
Musikfestwochen Luzern
25.8.: Hans Schanderl: Streichquartett Nr. 1, Uckermärkische
Musikwochen
26.8.: Joji Yuasa: Neues Werk für Klavier und Streichquartett;
André Previn: Tango Song and Dance für Violine und
Klavier, Musikfestwochen Luzern
30.8.: Guo Wenjing: Neues Werk für Harfe und Orchester,
Amsterdam