Eher unerfreulich ging die erfolgreiche Ära des Intendanten
Udo Zimmermann in Leipzig zu Ende. Denn es ist im Grunde schon eigenartig,
wenn die Institution Oper die musikalische Gattung Oper, von der
sie ja lebt, abschafft. Günter Neuberts Persephone oder
der Ausgleich der Welt, die letzte Uraufführung unter
der Ägide Zimmermanns, wurde gleichsam weggespart. Zwei konzertante
Aufführungen handelten das Stück eher verschämt ab.
Wenn das Schule machen sollte, dass neue Werke erst einmal in den
Probelauf geschickt werden, dann kann die Oper gleich zumachen.
Zimmermann hatte stets mit viel Fantasie, Witz und Gespür
Projekte im Visier, von denen er wohl selbst oft nicht glaubte,
dass sie zu verwirklichen seien nach dem Motto: Wenn man
das Unmögliche fordert, dehnt man die Grenzen des Möglichen
aus. Wirklich erwachte die Leipziger Oper seither aus einem Dornröschenschlaf.
Das Haus zählte zu den innovativsten weltweit.
Bei der letzten Produktion nun versteckte man sich. Der Auftrag
stammte noch aus der Zeit, als das Gebälk der DDR arg zu ächzen
begann. Geschrieben wurde Persephone dann in den Jahren
1990/91 und von da an wurde das Werk wie eine Altlast behandelt.
Immer wieder wurde die Premiere verschoben, schließlich wurde
für die Spielzeit 2001/02 grünes Licht gegeben. Doch nun
wurde Udo Zimmermann, der nach Berlin geht, vorfris-tig aus seinem
Vertrag entlassen und so wählte man als Notlösung die
konzertante Aufführung. Geld stand dafür natürlich
nicht im Plan. Und das war schade. Denn eine Oper rechnet mit Bild
und Szene, die Musik ist daraufhin ausgerichtet. Eine Oper ist eben
nicht zuletzt an ihrer Bühnentauglichkeit zu messen. Sonst
wird sie nicht ernst genommen. Ernst zu nehmen aber ist dieses Werk,
das man als plastische Parabel der Wendeerfahrungen hören kann.
Der Librettist Carl Ceiss hatte auf eine Erzählung von Werner
Heiduczek zurückgegriffen, eine Liebesgeschichte um den Gott
der Unterwelt Hades, der Persephone im dunklen, grauen Reich gerade
dadurch von seiner Liebe überzeugt, dass er die von der grausamen
Welt Entsetzte nicht zu halten versucht.
Günter Neuberts Musiksprache zielt dabei gewiss nicht ins
Avantgardistische. Aber in der konventionell ausgerichteten Dramatisierung
entdeckt sie eine Fülle an Spielraum. Und Neubert verfügt
über eine breite Palette der Klangdifferenzierung, der Verschärfung,
der hinwendenden Milderung. Jede Person umgibt sich mit einem charakteristischen
Klangraum, besonders eindrucksvoll der zwielichtige Götterbote
Hermes mit schillernden Harfenarpeggi, Schüttelhölzern
und Flexatron. Hier kann sogar in einem abseitigen, weltphilosophischen
Rundblick sinnfällig zitathaft auf die längst überkommene
Form der Da-capo-Arie zurückgegriffen werden. Besonders das
permanent durchgezogene Tempo, das die Aufführung stets auf
angespanntem Hochdruck hält, lässt mögliche Sentimentalismen
nicht aufkommen.