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nmz-archiv
nmz 2001/07-08 | Seite 60
50. Jahrgang | Juli/August
Dossier: Neue Wege für junge Ohren
Schöpferischer Prozess, nicht fertiges Produkt
Das Kölner Büro für Konzertpädagogik entwickelt
das englische Response-Prinzip weiter
Ein neuer und besonders kreativer Weg für junge Ohren ist
der, über eigenes schöpferisch-künstlerisches Tun
aktuelle Kunstmusik aktiv und spielerisch kennen zu lernen. Diesen
konzertpädagogischen Ansatz stellte Anke Eberwein (Büro
für Konzertpä-dagogik, Köln) im Rahmen des Diskussionsforums
Der Reiz des Neuen? Zeitgenössische Musik in der
Konzertvermittlung für Kinder in ihrem Beitrag Neue
Töne aus Schule und Konzert in den Mittelpunkt.
Schüler einer Kölner
Realschule entwickeln ihr Stück Die Metallholzfeder.
Foto: Jane Dunker.
Das Büro für Konzertpädagogik eine Initiative
zur Konzeption, Durchführung und Vernetzung konzertpädagogischer
Aktivitäten mit dem Schwerpunkt zeitgenössische Musik
sitzt an der Schnittstelle zwischen Konzert, Weiterbildung
und Schule. Genau dort, wo ein großer Bedarf an Vermittlungskonzepten
für die Konzertmusik der Gegenwart herrscht: Veranstalter von
neuer Musik sind nach wie vor auf der Suche nach einem neuen, jungen
und aufgeschlossenen Publikum und das Thema zeitgenössische
Musik ist im Lehrplan der Schulen leider nur sehr selten zu finden.
Genau hier setzt das vorgestellte Konzept an: Die Vermittlung von
neuer Musik durch eine aktive Herangehensweise (learning by doing).
Neue Musik bietet vielfältigste Möglichkeiten, Kindern
und Jugendlichen (und auch Erwachsenen) neue Wahrnehmungswelten
zu eröffnen, Offenheit und Toleranz gegenüber Unbekanntem
zu fördern und damit einen spielerischen und unverkrampften
Zugang zu dem zu bekommen, was im Konzertleben geboten wird.
Am Projekt Response wurden ex-emplarisch die Chancen,
Perspektiven und auch Schwierigkeiten der Vermittlungspraxis zwischen
Konzertsaal und Klassenzimmer vorgestellt. Zur Idee Response: Schüler/-innen
entwickeln unter Anleitung von erfahrenen Komponisten und Instrumentalisten
eigene Stücke. Diese orientieren sich an einer Modellkomposition
eines etablierten Komponisten, aus der bestimmte Grundideen (Essenz)
der Komposition herausgefiltert und in Übungen und Spielen
zur Wahrnehmungssensibilisierung, in spontanem Experimentieren und
richtungsweisenden methodischen Vorgaben umgesetzt werden. Die Modellkomposition
hören die Schüler/-innen erst ganz am Ende des Projekts
bei einem gemeinsamen Konzertbesuch.
Sie erhalten dadurch eine professionelle Antwort (to response)
auf ihre eigene kompositorische Arbeit ihrerseits eine Antwort
auf Fragestellungen der zeitgenössischen Musik. Verschiedene,
scheinbar unvereinbare Bedürfnisse aus dem pädagogischen
Lager und aus dem Kulturbetrieb wurden hier von den Response-Erfindern
(ursprünglich das Ensemble für zeitgenössische Musik
London Sinfonietta) in eine eigenständige, künstlerisch
und pädagogisch spannende Form integriert.
Response als Beispiel dafür, wie man (neue) Musik nicht als
fertiges Produkt, sondern schöpferischen Prozess und unmittelbar
lebendige Praxis erleben kann, wie man einen unkonventionellen Umgang
mit Musik demonstrieren und eine intensive nachhaltige Auseinandersetzung
mit Aspekten der Gegenwartskunst ermöglichen kann.
Ein (nicht ganz) neuer, aber unbedingt lohnenswerter Weg für
alle Ohren!