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nmz-archiv
nmz 2001/07-08 | Seite 15
50. Jahrgang | Juli/August
Initiative
Konzerte für Kinder
Spielleyt und HipHop, Zauberflöte und Jazz
Vielfältige Konzerte und Projekte für Schüler
an der Landesmusikakademie Berlin
Die Landesmusikakademie Berlin veranstaltet seit ihrer Gründung
vor sechs Jahren Konzerte für Schüler, die vormittags
innerhalb der Schulzeit in den Räumen der Akademie stattfinden.
Dieses für eine Landesmusikakademie eher ungewöhnliche
Angebot hängt mit der Lage der Akademie zusammen, die seit
1995 in einem Gebäudeteil des FEZ (Freizeit- und Erholungszentrum)
in der Wuhlheide in Berlin-Köpenick untergebracht ist. Hier
gab es schon vor Gründung der Akademie die Tradition, Konzerte
für Schüler zu veranstalten, die durch den damaligen Leiter
des Musikprojektes im FEZ, Wolfgang Nier, begründet
wurde. Das Haus bietet aufgrund seiner Größe und seiner
Ausstattung mit einem Theatersaal (570 Plätze) und einem Konzertsaal
(120 Plätze) beste Voraussetzungen für die Veranstaltung
von Konzerten und Projekten.
Perkussion total: Moderator
Christoph Renner mit Dietrich Kollöffel, Valdir Viera
dos Santos, Moni Ferber und Janos Crecelius (v.l.n.r.). Foto:
LMA Berlin
Im vergangenen Jahr besuchten zirka 16.000 Schülerinnen und
Schüler die rund 100 Veranstaltungen. Für das Schuljahr
2001/2002 sind etwa 120 Veranstaltungen geplant, die Kinder und
Jugendliche vom Kindergartenkind bis zum Oberstufenschüler
ansprechen sollen. Ziel dieser Konzerte ist es, Kinder und Jugendliche
für Musik zu begeistern, die Unterrichtsinhalte an den allgemein
bildenden Schulen sinnvoll zu ergänzen und im besten Falle
zum eigenen Musizieren anzustiften. Im Folgenden soll
ein kleiner Überblick über das gerade veröffentlichte
Programm für das Schuljahr 2001/2002 gegeben werden.
Die Vielzahl der Veranstaltungen deckt unterschiedlichste inhaltliche
Bereiche ab, so dass eine Aufteilung in folgende Themen vorgenommen
wurde: Musikgeschichte; Komponis-tenporträts; Instrumentenkunde;
Populäre Musik; Weltmusik; Musikalische Bilder; Märchen
und Geschichten; Musiktheater und Tanz.
Im Bereich Musikgeschichte wird von der Musik der Renaissance,
die von den Freiburger Spielleyt dargeboten wird, bis
zu zeitgenössischer Musik ein Überblick über verschiedene
Epochen vermittelt. Als zeitgenössischer Komponist und Dirigent
spielt Andreas Peer Kähler mit seinem Kammerorchester Unter
den Linden die eigene Komposition Die vier Temperamente,
in der wiederum Zitate aus Kompositionen vergangener Epochen versteckt
sind.
In den Komponistenporträts stehen Schubert, Bach und Mozart
im Mittelpunkt. Um nicht in der Vergangenheit zu bleiben, wurden
für das kommende Schuljahr die Berliner Komponisten Sergej
Newski und Klaus Lang zu einem Gesprächskonzert eingeladen.
Durch die Begegnung von Schülern, Interpreten, Komponisten
und Werk verfolgt die Landesmusikakademie die Idee, bei den Schülern
eine Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Musik in Gang
zu setzen.
Im Bereich Instrumentenkunde finden Konzerte zu den Rhythmusinstrumenten
des Orchesters, dem Streichquartett, der Flötenfamilie, den
Blech- und Holzbläsern, der Harfe und der menschlichen Stimme
statt. Eine besondere Präsentationsform hat das Ensemble Dreiklang
aus Berlin für die Darstellung der Blockflötenfamilie
gewählt. Die Künstler arbeiten mit einem Clown zusammen,
so dass die jungen Konzertbesucher auf amüsante Weise lernen
können, ohne sich belehrt zu fühlen.
Der Themenbereich Populäre Musik spannt den Bogen über
türkischen HipHop mit Aziza-A, Jazz, Perkussion und Filmmusik
bis hin zur Popmusik mit der Band sonnenbrand & hubschrauber.
Bei der Veranstaltung zur Filmmusik beziehen die Dozenten Andreas
Brauer und Joachim Litty die Schüler mit ein, indem sie live
zu Filmsequenzen musizieren und die Wirkung von verschiedenen Musiken
zu ein und derselben Szene erleben.
Ein zunehmend stärker nachgefragtes Gebiet ist die Weltmusik.
Traditionelle Klänge aus Nordindien, der Türkei oder dem
arabischen Raum sowie Gospel, Klezmer und Musik aus dem Bereich
der portugiesischsprachigen Länder (Lusophonie) werden im nächsten
Schuljahr auf dem Programm stehen. Die vielfach in Berlin lebenden
Künstler der unterschiedlichen Kulturkreise kommen gern an
die Landesmusikakademie, um Schülern die traditionelle Musik
ihrer Heimat näher zu bringen.
Der Bereich Musikalische Bilder, Märchen und Geschichten
richtet sich insbesondere an die jüngeren Konzertbesucher.
Hier ist Peter und der Wolf ebenso zu finden wie Früh
um sechse kommt die kleine Hexe, komponiert, gespielt und
erzählt von Manfred Grote, oder das Kuscheltierkonzert
von Klaus Wüsthoff in der Version für Klaviertrio und
Sprecher. Im nächsten Schuljahr wird die bewährte Partnerschaft
mit den Berliner Symphonikern mit der Produktion Nussknacker
und Schneeflöckchen fortgesetzt. Ekhart Wycik wird ein
russisches Wintermärchen mit Kompositionen von Meyerbeer, Rimsky-Korsakow
und Tschaikowsky erzählen und musikalisch leiten.
Für das Musiktheater stehen Veranstaltungen zu Musicals,
die Gastproduktion Bravo, bravo, Papageno! durch die
Kleine Oper Bad Homburg und die von Wolfgang Nier konzipierte
Opernstunde. Hier wird auf der Bühne gezeigt und
beschrieben, wie eine Opernproduktion zustande kommt, wie geprobt,
geschminkt, angekleidet und ausgeleuchtet wird. Mit Arien, Liedern
und Szenen aus Opern von Mozart, Weber und Smetana werden Ausschnitte
aus fertigen Produktionen demonstriert. Der Workshop Keine
Angst vor der Zauberflöte setzt sich auf ungewohnte Weise
mit dieser Oper und mit der Produktion einer Oper schlechthin auseinander.
Im Bereich Tanz besteht eine enge Zusammenarbeit mit dem Kinder-
und Jugendballett Pas de trois am FEZ. Das Ensemble
mit seinen jungen Tänzerinnen präsentiert Nussknacker
und Mäusekönig sowie Peter und der Wolf
in getanzter Form, so dass ein starker Bezug für die jungen
Zuschauer entsteht. Darüber hinaus bietet die Veranstaltung
Tanz! Tanz! Tanz! einen Einblick in die unterschiedlichen
Tanzstile wie klassisches Ballett, Ausdruckstanz oder Volkstanz.
Im Anschluss an diese Tanzveranstaltung können die Schüler
im Rahmen eines Workshops das eben Gesehene aktiv selber ausprobieren.
Eine Besonderheit im nächsten Schuljahr wird Arte Flamenco
in Theorie und Praxis sein, eine Veranstaltung, die in den
Flamenco als musikalische und tänzerische Kunstform einführt.
Anlass hierfür ist die Spanische Woche im FEZ.
Sämtliche Veranstaltungen finden vormittags statt und dauern
in der Regel eine Stunde, so dass das gleiche Programm zweimal vor
unterschiedlichem Publikum stattfinden kann. Veranstaltungen wie
die Konzerte mit den Berliner Symphonikern oder HipHop finden im
Theatersaal mit seiner großen Bühne statt. Instrumentenkunde,
Komponistenporträts sowie alle Veranstaltungen, die einen direkteren
Kontakt zwischen Schülern und Darbietenden benötigen,
werden im Konzertsaal durchgeführt. Für ganz junge Konzertgäste
finden die musikalischen Bilder und Märchen oft auch in Seminarräumen
der Akademie statt.
Das Programm besteht sowohl aus über Jahre hinweg inhaltlich
und konzeptionell weiterentwickelten Veranstaltungen als auch aus
völlig neuen Ansätzen. Oftmals gehen Veränderungen
im Programm oder Neuaufnahmen bestimmter Themen auf Rückmeldungen
aus den Feedback-Bögen zurück, die vor den Konzerten an
die Lehrkräfte verteilt werden.
Verschiedene pädagogisch-methodische Herangehensweisen sollen
den unterschiedlichen Inhalten der Konzerte gerecht werden. Zumeist
werden die Konzerte durch die Künstler oder durch Mitarbeiter
der Akademie moderiert. Die Schüler können Fragen stellen
und teilweise auch Instrumente ausprobieren. Oftmals werden sie
zu Mitwirkenden, wenn beispielsweise Passagen mitzusingen sind oder
Sambarhythmen im Wechsel mit den Künstlern geklatscht werden.
Diese aktive Komponente erfreut sich zunehmender Beliebtheit, so
dass für das neue Schuljahr die Kombination Konzert-Workshop
geplant ist. Nach dem Konzertbesuch des Konzertes Perkussion
total können die Schüler in kleinen Gruppen unter
der Anleitung der Künstler selber Hand an die brasilianischen,
kubanischen und afrikanischen Rhythmusinstrumente legen. Aus dem
morgendlichen Konzertbesuch wird somit ein Projektvormittag. Hier
wird die Hauptaufgabe der Akademie, nämlich die Veranstaltung
von Fort- und Weiterbildungen, mit dem Konzertangebot für Schüler
verknüpft.
Einen anderen methodischen Weg schlägt der Workshop Keine
Angst vor der Zauberflöte ein. Unter der Leitung der
Komponistin Charlotte Seither und der Schulmusikerin Vera Funk entwickeln
die rund 80 teilnehmenden Schüler mit eigenen improvisatorischen
Mitteln ein neues Musiktheater zur Zauberflöte.
Mozarts Oper gibt dabei nur den Anlass, eine eigene Oper zu improvisieren.
Dieser intensive Ansatz richtet sich einmal an Schüler der
4. und 5. Klassen und an einem zweiten Tag an Schüler der 6.
und 7. Klassen. Der Workshop füllt einen ganzen Vormittag und
macht Oper zu einem ganz neuen Erlebnis.
Abgesehen von den oben genannten fest terminierten Veranstaltungen
bietet die Landesmusikakademie auch die Möglichkeit, in den
Seminarräumen, in den Sälen, im Tonstudio oder an den
MIDI-Arbeitsplätzen Projekttage für Schulklassen durchzuführen.
Diese werden gesondert vereinbart, teilweise werden Dozenten/-innen
für spezielle Themen durch die Landesmusikakademie vermittelt.