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nmz-archiv
nmz 2001/07-08 | Seite 25
50. Jahrgang | Juli/August
Pädagogik
Mit einer Stimme sprechen
Musikpädagogische Verbände gründen Föderation
Am Rande der Bundesbegegnung Schulen musizieren, fast
zeitgleich zum diesjährigen Kongress des Verbandes deutscher
Musikschulen in Leipzig, haben sich in Osnabrück folgende Verbände
zur Föderation musikpädagogischer Verbände
Deutschlands (FMV) zusammengeschlossen:
Arbeitskreis für Schulmusik und allgemeine Musikpädagogik
(AfS)
Arbeitskreis musikpädagogische Forschung (AMPF)
Bundesfachgruppe Musikpädagogik (BFG)
Gesellschaft für Musikpädagogik in Fusion mit dem
Verband der Musikpädagogen (GMP/VMP)
Verband Deutscher Schulmusiker (VDS)
Der Verband Deutscher Musikschulen (VdM) hat seinen Beitritt
angekündigt.
Ziel der Föderation ist eine repräsentative Vertretung
der gemeinsamen Interessen der deutschen Musikpädagogik.
Die Verbände behalten in allen Belangen ihre Eigenständigkeit.
Hans Bäßler (VDS) und Niels Knolle (BFG) wurden einstimmig
für zwei Jahre als Sprecher der Föderation gewählt.
Im staatlichen Schulwesen ist die musikalische Grundbildung gesetzlich
verankert, denn eine verantwortungsvoll organisierte und gemeinsam
erlebte Musikpraxis begleitet Kinder und Jugendliche in ihrem Lernprozess
und stärkt ihre individuellen und sozialen Kompetenzen.
Trotz dieser Erkenntnis befindet sich der Musikunterricht an allgemein
bildenden Schulen wie auch die Musikpädagogik als Fachdisziplin
der Ausbildung an den Hochschulen in einer Krise der bildungspolitischen
Legitimation, ihre Akzeptanz ist in den vergangenen Jahren brüchig
geworden. Es herrscht ein alarmierender Mangel an ausgebildeten
Lehrerinnen und Lehrern für den öffentlichen und privaten
Musikunterricht. Vakante Hochschullehrerstellen können nicht
besetzt werden, da es an geeignetem Nachwuchs fehlt, musikpädagogische
Fachbereiche werden sogar ganz geschlossen.
Vor diesem Hintergrund ist es von Bedeutung, dass die in den vergangenen
Jahren in den verschiedenen musikpädagogischen Verbänden
entwickelten zentralen inhaltlichen musikpädagogischen Positionen
im Blick auf das gemeinsame Interesse, die Belange der Musikpädagogik
in Deutschland zu stärken, konvergieren und so eine gemeinsame
Außendarstellung ermöglichen.
Die Föderation setzt sich daher zur Aufgabe, zu den aktuellen
zentralen Fragen und Problemen der Musikpädagogik gemeinsame
Positionen und Handlungsperspektiven zu entwickeln, diese nach außen
zu vertreten und mit geeigneten Aktionen auf aktuelle Entwicklungen
zu reagieren.
Für Hans Bäßler liegt der große Vorteil
des längst überfälligen Schrittes, gemeinsam noch
mehr bewirken zu können, im Synergieeffekt: In wichtigen musikpolitischen
und stellenpolitischen Fragen könnten die musikpädagogischen
Verbände jetzt schneller reagieren und mit einer Stimme sprechen.
Wir brauchen mehr Musik in Schule und Hochschule, nicht
weniger! Wir brauchen Sicherung und Ausbau von musikalischer Bildung,
nicht Abbau! Schule und Hochschule gehören zusammen: Wenn Hochschulstellen
jetzt nicht zu besetzen sind und es ist zurzeit schwer, manche
Stellen zu besetzen! rächen sich Versäumnisse der
Vergangenheit. Wer jetzt Fachbereiche schließt, setzt den
Bildungsabbau fort, sorgt nicht für die von allen Seiten geforderte
Bildungsoffensive, so Bäßler in einer Pressemitteilung.
Ehrenmedaille für Christoph Richter
Von Beginn der 1980er-Jahre bis vor einem Jahr hatte Christoph
Richter, langjähriger Professor und Vizerektor an der Berliner
Akademie der Künste, eine Gastprofessur an der Wiener Universität
für Musik in der Abteilung Musikpädagogik inne. Hier hat
er vieles bewirkt, hat einer damals fast unbekannten und menschenleeren
Abteilung zu Leben verholfen, Neues geschaffen, wichtige Ideen vorangebracht.
Aus diesem Grund hatte das Gesamtkollegium der Musikuniversität
entschieden, Richter die Ehrenmedaille der Musikuniversität
in Silber zu überreichen. Im Umfeld der Überreichung veranstaltete
die Abteilung Musikpädagogik ein zweitägiges Symposium
unter dem Titel Musikvermittlung Verantwortung und
Aufgabe der Musikuniversität. Richters Festvortrag Von
den Chancen und Aufgaben einer Musikuniversität war ein
umfassendes Credo für die spannenden Möglichkeiten heutiger
Unterrichtung der Musik. Er sprach von vier Markierungen,
die im gedanklichen Gebäude einer Uni eingezeichnet sind, darunter
auch die der wichtiger werdenden Musikvermittlung. Zu diesem Thema
fanden dann auch spannende Podiumsdiskussionen, Gespräche,
Demonstrationen und Dialoge statt: So wurde diskutiert, ob es ein
sozialdemokratisches Verständnis von Kultur gebe, ob es den
Musikern gelingen könne, beim Spiel eine Art Gegenwelt zu schaffen,
und dass es künftig auf die Berufsfeldorientierung bei der
Musikvermittlung ankomme. Auch die Vermittlungsformen des Pop kamen
zur Sprache, verbunden mit der Frage, ob die Klassik in ihnen aufgehen
könne.