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nmz-archiv
nmz 2001/07-08 | Seite 24
50. Jahrgang | Juli/August
Noten
Variation soll zum Improvisieren anregen
Neue (Unterrichts-)Werke für Anfänger und fortgeschrittene
Pianisten
Mike Cornick: Latin Piano Duets, Universal Edition 21 007,
London
Diese Six Individual Pieces or Two Little Suites
für zwei Klaviere im lateinamerikanischen Stil, beide Spieler
technisch wie musikalisch gleich fordernd, begeistern auf Anhieb.
Beguine, Slow Tango, Conga, Bossa Nova, Habanera, Samba mit ihren
spezifischen Charakteren, erkennbar am Rhythmus, dem Feeling,
dem sprühenden Temperament, erfordern gerade im Zusammenspiel
eine geistige Übereinstimmung. Eine klassische Melodie- oder
Begleitstimme wäre hier gar nicht denkbar; beide Spieler
spannen abwechselnd den musikalischen Bogen, müssen aufeinander
eingehen wie die Partner beim Tanzen. Man muss über
dem Notentext stehen, um sich völlig der Musik hingeben zu
können. Mike Cornicks Ausgabe zeigt auf erfreuliche Weise,
dass auch im übersättigten Unterhaltungsbereich durchaus
anspruchsvolle Musik entsteht.
Carl A. Loeschhorn: 15 Klavierstücke zu vier Händen
zum Unterricht für Anfänger op. 86, Boosey&Hawkes
Carl Albert Loeschhorn lebte von 1819 bis 1905. Als Lehrer am
Königlichen Institut für Kirchenmusik in Berlin verfasste
er vorwiegend Material für den Unterricht, unter anderem
auch Etüden. Die hier vorliegenden Klavierstücke sind
für Anfänger geschrieben. Melodische und characteristische
Tonbilder in fortschreitender Ordnung lassen die Nähe
zu einer Klavierschule erkennen.
Im Gegensatz zu den eigentlich viel bekannteren Stücken
von Diabelli behält Loeschhorn im Primo-Part die Oktavfessel
der beiden Hände nicht bei, sondern widmet sich der Entwicklung
des zweistimmigen Spiels in all seinen Formen. Der Secondo-Part
ist sehr durchsichtig, donnert nicht auf, verlangt aber einen
geübteren Spieler (vorwiegend wohl den Lehrer).
Franz Schubert: 33 Tänze für Klavier, Heinrichshofen
N 2391
Die zahlreichen Tänze Schuberts werden wegen ihrer Kürze
und den vergleichsweise gehobenen technischen Anforderungen eher
selten im Unterricht gearbeitet. Die Bearbeitungen zu vier Händen
(Deutsche Tänze, Ländler, Ecossaisen), von Schubert
selbst, Johannes Brahms und Peter Heilbut besorgt, erweisen sich
als dankbare Alternative. Sie sind leichter spielbar, ermöglichen
aber trotzdem einen Einblick in dieses Genre Schubertscher
Musik mit seinem schier unerschöpflichen Reichtum an melodisch-harmonischer
Erfindung. Als Tanzmusik für gesellige Anlässe geschrieben,
braucht es gerade beim Zusammenspiel ein besonderes Gespür
für dieses volkstümliche Temperament. Der ständige
Tonartwechsel erzeugt einen besonderen spieltechnischen Effekt.
Beide Parts sind auch hier im gleichen Schwierigkeitsgrad und
etwa ab dem dritten Unterrichtsjahr spielbar.
Manfred Schmitz: Mini Rock, Band 1 53 Stücke
für Klavier zu 2 Händen, DVfM 31101, Band 2 19
Stücke für Klavier zu 4 Händen, DVfM 31102, Band
3 17 Stücke für Klavier zu 6 Händen, DVfM
31103, Deutscher Verlag für Musik Leipzig
Der Band 1 ist sozusagen das Einstiegsheft. Man kann sich vorerst
allein mit dem Thema Rockmusik beschäftigen. Dabei handelt
es sich um Originalkompositionen, gespickt mit typischen Rhythmen
und melodischen Bögen, die, gemäß dem Gameboy-Zeitalter,
in verschiedenen Levels, das heißt mit steigendem Schwierigkeitsgrad,
gespielt werden können. Sie zeigen die vielfältigsten
Möglichkeiten der Variation und sollen zum Improvisieren
anregen. Nimmt man sich dann einen oder sogar zwei Partner hinzu,
um die in Band 2 und 3 teilweise wiederkehrenden Stücke des
ersten Bandes in Bearbeitungen zu vier beziehungsweise sechs Händen
auszuprobieren, muß man schon fleißig zählen!
Rhythmisches Empfinden wird hier intensiv geschult und es heißt,
immer zusammenzubleiben, was ja durchaus nicht einfach ist. Es
wirkt allerdings nichts gekünstelt oder aufgesetzt, es macht
einfach Spaß. Da der gesamte Umfang der Klaviatur genutzt
wird, kommt es zu einem fast orchestralen Klangerlebnis. Manfred
Schmitz hat in bewährter Weise für eine Bereicherung
des Klavierunterrichts gesorgt.
Reinhard Febel: 7 Choralbearbeitungen nach Johann Sebastian
Bach für Klavier zu vier Händen, Sy.2750 , Ricordi
München
Eine ganz andere Zielgruppe soll mit diesen Choralbearbeitungen
angesprochen werden. Junge Pianisten, die sich bereits umfangreich
mit dem Klavierwerk Bachs beschäftigt haben und in Vorbereitung
auf einen Wettbewerb oder ein Konzert auf der Suche nach alternativer
Literatur sind, dürften hier fündig werden. Aus zeitgenössischer
Sicht wagt Febel einen Blick auf Bach und wählt dafür
eine ungewöhnliche Besetzung. Das Ergebnis führt hin
zum Extremen, Differenzierten, es füllt den Klavierklang
von der tiefsten bis zur höchsten Taste voll aus.