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nmz-archiv
nmz 2001/07-08 | Seite 41
50. Jahrgang | Juli/August
Weltmusik
Ich singe, um zu reisen
Buck Elliott und das Cowboy-Leben
Er tauchte 1951 bei Woody Guthrie in New York auf, nannte sich
Buck Elliott, trug einen Cowboyhut und spielte Gitarre, weil Cowboys
das tun. Dann nistete er sich dauerhaft bei den Guthries ein und
offenbarte schauspielerisches Talent, indem er Woody in praktisch
jeder Hinsicht imitierte: He sounds more like me than I do
(er klingt mehr nach mir als ich) sagte der Kopierte zwischen Bewunderung
und Entsetzen.
Elliot Charles Adnopoz kam in Brooklyn als Sohn eines Arztes zur
Welt und träumte als kleiner Junge vom Cowboyleben den
Cowboyhut trägt er bis heute. Als 14-Jähriger soll er
von zu Hause ausgerissen sein und sich einer reisenden Rodeo-Show
angeschlossen haben. Später verbesserte er sein Pseudonym zu
Ramblin Jack Elliott, und zwei, drei Jahre unternahm er abenteuerliche
Reisen mit seinem Mentor, der bereits durch die Huntington-Krankheit
gezeichnet war.
Ramblin Jack war zweifellos nicht der einzige, der im Kielwasser
von Woody Guthrie schwamm, doch er gilt als der Schüler
im Gegensatz zu Woodys kongenialem Partner Pete Seeger. Eine
langjährige Freundschaft verbindet Jack mit Derroll Adams,
dem bekannten Folk-Barden mit dem Banjo, ebenso ein Urgestein der
nach-Guthrie-Generation, ebenso amerikanischer Musikbotschafter
in Europa.
Zehn Jahre nach Ramblin Jack kam der zehn Jahre jüngere
Robert Zimmerman zu Guthrie, der allerdings schon hospitalisiert
und kaum noch handlungsfähig war. Der junge Klampfer benannte
sich um in Bob Dylan, trat auf wie eine Guthrie-Kopie und wurde
lange als dessen legitimer Nachfolger angesehen. Doch Dylan konnte
von einem bettlägerigen Guthrie nichts mehr lernen, drum kopierte
er Ramblin Jacks Woody-Imitate und das Repertoire. Jack hat
ihm das nie übel genommen, im Gegenteil: er hat sogar Dylan-Songs
aufgenommen, und das teilweise in einem Sound, den mancher für
echt Dylan halten mag. Elliotts überzeugendste
Darbietungen allerdings sind die zahlreichen Guthrie-Songs, die
er unablässig singt.
1991 bezeichnete Ramblin Jack sich als Dinosaurier
des Folksongs und offenbarte ein kleines Geheimnis: Ich
übe nie, aber ich reise gerne. Da gibt es Musiker, die sagen
von sich, dass sie leben um zu singen. Ich singe, um zu reisen.
Ich mag Lastwagen, Highways. Ich halte gern bei Truck Stops!
Der ewige Cowboy ist also doch ein bisschen moderner geworden. Ramblin
Jack Elliott wird am 1. August siebzig Jahre alt, natürlich
mit Cowboyhut.
Wieland Ulrichs
CD-Tipps
Me & Bobby McGee (orig. 1967, Titelsong noch vor
Janis Joplin Reissue 1995 bei Rounder/Inak 0368) Kerouacs Last Dream (orig. 1980, Reissue 1993 bei
Wundertüte 72.163)