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nmz-archiv
nmz 2002/03 | Seite 25
51. Jahrgang | März
Pädagogik
Die besten Klavieramateure der Welt
Der Concours des grands amateurs de piano in Paris
Auch in diesem Januar kamen sie wieder nach Paris, die Amateurpianisten, Klavierbesessenen, Tastenfanatiker,
Pianophilen aus aller Welt. Es galt, sich im 13e Concours des grands amateurs de piano in drei Auswahlrunden
miteinander zu messen und sich einer Jury aus renommierten Pianisten, einer internationalen Presse-jury und
vor allem einem leidenschaftlich mitfiebernden Pariser Publikum zu stellen. Vom Ehrgeiz der Teilnehmer kündeten
bereits die erstaunlich anspruchsvollen Prüfungsprogramme, die jeder Kandidat vollkommen frei wählen
durfte. Fingerbrecherische Etüden von Chopin, Rachmaninoff und Scriabin fehlten da ebenso wenig wie Liszts
Mephistowalzer oder Balakirevs gefürchtete Islamey.
Wie bringen alle diese Ärzte, Angestellten, Ingenieure und Studenten die Zeit und Energie auf, sich ein
Können zu erarbeiten, dass kaum zu unterscheiden ist von den Leistungen professioneller Pianisten? Sie
alle führen ein diszipliniertes Doppelleben zwischen Brotberuf und künstlerischer Selbstverwirklichung.
Ein paar von ihnen hätten vielleicht das Zeug zu einer Musikerkarriere gehabt. Der 50-jährige Brite
David Earl zum Beispiel beherrschte schon als Teenager schwierigste romantische Klavierkonzerte und studierte
in London Klavier. Seine Hoffnungen auf eine Pianistenlaufbahn müssen sich dann irgendwann in Luft aufgelöst
haben. Heute arbeitet er in einem CD-Shop in Cambridge.
Seine Deutung von Beethovens Waldsteinsonate in der letzten Runde im riesigen Grand Amphithéâtre
de la Sorbonne beeindruckte mit exquisiter klanglicher Eleganz. Für einen Preis reichte es im hochkarätig
besetzten Finalistenfeld dennoch nicht. Am Ende war es der 36-jährige Sunnyboy Paul Romero aus Los Angeles,
im Hauptberuf Produzent von Videospielen, der mit seiner exzentrischen Interpretation von Gershwins Rhapsody
in blue die meisten Hörerherzen eroberte. Er wurde mit dem ersten Preis der Klavierjury und dem Publikumspreis
ausgezeichnet. An zweiter Stelle landete der 21-jährige Franzose Florian Chevallier, Student an der École
Centrale de Paris. Für seine makellose Deutung der ersten Ballade von Chopin bekam er außerdem den
Preis der Pressejury.
Den Juroren waren ihre Entscheidungen in diesem Jahr besonders schwer gefallen, denn alle sieben Finalisten
hatten sich auf ungewöhnlich hohem Niveau präsentiert und dem zahlreich erschienenen Publikum einen
erstklassigen Konzertabend geboten. Ein Glück für den Initiator und Präsidenten des Wettbewerbs,
der selbst leidenschaftlicher Amateurpianist ist: Gérard Békerman durfte sich freuen über
ein medienwirksames Pariser Kulturereignis der Extraklasse. Auch er führt ein Doppelleben zwischen Pflicht
und Kür im Hauptberuf ist er Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Sorbonne
und Autor eines viel beachteten Buches zum Euro.
Im Januar 2003 haben alle Amateurpianisten, Klavierbesessenen, Tastenfanatiker und Pianophilen auf ein Neues
die Gelegenheit, sich in Paris mit ihresgleichen zu messen. Interessenten finden alle nötigen Informationen
unter www.pianoamateurs.com im Internet.