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nmz-archiv
nmz 2002/03 | Seite 39
51. Jahrgang | März
Jazz, Rock, Pop
Handfeste Einblicke erlaubt
Buch über die Musik Afrikas mit CD erschienen
Monique Brandily: Kora Kosi Die Musik Afrikas (170 S., 22 s/w-Fotos, gebunden, 22,50 Euro, Heidelberg:
Palmyra Verlag)
Kaum ein Erdteil ist kulturell und also auch musikalisch dermaßen vielfältig wie Afrika. Eine Ausnahme
bilden die stark arabisch und andalusisch geprägten Maghreb-Länder im Norden. Wie allerdings sortiert
man die ebenfalls arabisch beeinflusste Swahili-Kultur im Osten? Je mehr man ins Detail geht, um so unübersichtlicher
scheint es zu werden. Abgrenzungen sind mitunter auch regional schwierig, die modernen Staatengrenzen
stammen zumeist von den Kolonialmächten und haben häufig nichts mit den Lebensräumen der dortigen
Völker zu tun. Die Völker indes sind in früheren Jahrhunderten gewandert, wodurch sich regionale
Charakteristika verlagert und vermischt haben. Eins ist in jedem Fall gewiss: das Vorurteil, Afrika sei der
Kontinent der Trommeln, trifft nur bruchstückweise zu.
1997 erschien mit Introduction aux musiques africaines eine Art Standardwerk, das in verschiedenen
Schritten an der Spitze des Eisbergs zu kratzen versucht; im vergangenen Jahr ist es nun in aktualisierter Fassung
auf deutsch erschienen: Der eigentliche Text beschränkt sich auf rund 100 Seiten. Trotz der themenbedingten
enormen Menge an Details sind die sechs Kapitel der Pariser Musikethnologin erfrischend angenehm zu lesen; die
Übersetzung ist bis auf wenige Punkte gut gelungen (so ist die Verfasserin zum Beispiel der Ansicht, dass
Korpus immer noch sächlich ist).
Nach einem interessanten Einstieg mit Afrikanische Musik: was ist das? nähert sich die Autorin
dem Thema in vier weiteren Kapiteln von verschiedenen Seiten: Der gesellschaftliche Status des Musikers,
Die Musikinstrumente, Die musikalischen Regionen sowie Musik und Kommunikation,
wobei es ihr gelingt, auf Pauschalisierungen zu verzichten. Auf den ersten Blick mag so manche Facette verwirrend
wirken eine Landkarte wäre durchaus hilfreich gewesen.
Doch der aufmerksame Leser erhält außer handfesten Informationen einen guten Einblick in musikethnologische
und verwandte Aspekte, die nicht nur zum Verständnis afrikanischer Musiken von großem Wert sind.
Dafür wichtig ist auch das letzte Kapitel Was bringt die Zukunft?, das den Unkenrufen, die
traditionelle Musik sei von was auch immer bedroht, mit der Feststellung Die afrikanische Musik lebt
entgegentritt und sich auch mit afrikanischer Musik etwa in Europa befasst.
Für Letzteres ist Paris geradezu ein Mekka. Bei alledem hebt die Afrika-Spezialistin nie den wissenschaftlichen
Zeigefinger, aber sie verfällt auch nie in das Floskelhafte des Worldbeat-Zeitgeistes.
Wer diese Einführung zu knapp oder zu verwirrend findet, halte sich an den umfangreichen Anhang. Dort
finden sich neben einem Register, einer Biblio- und Diskografie auch noch ein wertvolles Glossar und unter vielem
anderen eine Sammlung wichtiger (überwiegend deutscher) Adressen.
Doch der eigentliche Hit ist die beigegebene, klanglich hervorragende 72-Minuten-CD, deren 25 Titel in einem
eigenen Abschnitt knapp, aber informativ erläutert werden (und wiederum erfrischend vielfältig sind).
Eine Anzahl anderswo bisher nicht veröffentlichter Aufnahmen aus Brandilys eigener Feldforschung machen
damit die Anschaffung auch für gut bestückte Sammler interessant. Zum Schluss gibt es auf der CD auch
noch zwei Pop-Nummern, aber natürlich afro!
Bei dem günstigen Anschaffungspreis müsste der Band, dessen deutscher Haupttitel leider nirgends
erklärt wird, eigentlich ein kleiner Bestseller nicht nur innerhalb der Weltmusik-Szene werden.