Inhalt und Tendenz des nmz-Beitrags von Martin Hufner zum Thema
„Krise der Radio-Kultur“ in der Ausgabe Juli/August
gehen an der Hörerresonanz, am Programmauftrag von Bayern2-Radio,
seinem täglichen Angebot und an unserer Arbeit für eine
verbesserte Programmstruktur vorbei.
Die Befürchtung, eine Optimierung der Programmstruktur von
Bayern2-Radio bedeute eine Zusammenlegung mit dem Programm Bayern
4 Klassik, ist absurd. Sie entspricht weder einem Auftrag des Hörfunkdirektors
Johannes Grotzky noch der Programmstruktur-Planung der von ihm eingesetzten
Arbeitsgruppe „Bayern2Radio-Reform“, der ich angehöre.
Eine „Krise der Radio-Kultur“ mag für den Bayerischen
Rundfunk und für die Kulturprogramme der ARD zwar herbeigeschwätzt
werden, die These entspricht aber nicht unseren Erfahrungen und
schon gar nicht unserer Programmarbeit.
Projekte wie unser Feiertagsprogramm „Radiorevue“
als hochkarätiges Radioprogramm zwischen Weihnachten und dem
6. Januar, die auf sechs Wochen pro Jahr befristete flexible Programmstruktur
des Bayern2-Sommerradios, das mehr als 20 Sendestunden umfassende
Programm der von der Abteilung Hörspiel und Medienkunst initiierten
und realisierten internationalen Medienkunst-Biennale intermedium
2 – in Kooperation mit internationalen Partnern, zahlreichen
öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der ARD, dem ORF und
drs, dem Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe
(ZKM), dem Schauspiel Frankfurt und internationalen Partnerorganisationen
in diesem Jahr – die Auslobung eines erstmals in diesem Jahr
verliehenen intermedium-Preises durch den Bayerischen Rundfunk,
die intermediale Zusammenarbeit bei Hörspielprojekten, bei
bi-und trimedialen Regelsendungen anderer Hauptabteilungen des Bayerischen
Rundfunks widerlegen die Klage des Autors über eine Krise der
Radio-Kultur.
Das Internet wird längst in unsere Programmarbeit einbezogen.
BR-online ergänzt geradezu vorbildlich – seit kurzem
auch über ein neues Hörspielportal – Anspruch und
Inhalt des Programms Bayern2Radio.
Bayern2Radio, von seinen Hörerinnen und Hörern durchaus
als „Kultradio“ geschätzt, muss sich gleichwohl
ständig darum bemühen, als Alternativprogramm zu anderen
Programmen bei den Kulturinteressierten attraktiv und deshalb stets
innovativ zu bleiben und ein jüngeres Publikum zu erreichen.
Die Balance zwischen Tradition und Innovation bestimmt als Prinzip
die Arbeit von mehr als 30 Redaktionen, die täglich ein Programm
gestalten, das zu den anerkannten gehobenen Programmen in Mitteleuropa
zählt. In den letzten Jahren hat der Bayerische Rundfunk für
Kultur und Dokumentation, für Aktualität und künstlerische
Produktionen stets mehr investiert, als es der nmz-Bericht vermuten
lässt. Trotz relativ stabiler Quoten für Bayern2Radio
ist aber nicht zu übersehen, dass wir einige Probleme mit einer
Überarbeitung unserer Programmstruktur lösen müssen:
Die Hörer werden älter, die Nutzerzahlen sind leicht rückläufig,
die Kosten steigen. Also können die Programmstruktur von Bayern2Radio,
seine organisatorische Infrastruktur, sein Programmprofil und seine
akustische Anmutung nicht auf der Erfahrungsbasis der 50er- und
60er-Jahre festgeschrieben werden. Alles ist in Bewegung –
und Kultur ist das Gegenteil von Erstarrung.
Wir arbeiten deshalb intensiv an einer Optimierung unseres Programms:
Mehr Hintergrund, mehr Themenaktualität, häufigere Wiederholungssendungen
für jene Hörerinnen und Hörer, die uns tagsüber
nicht einschalten können, mehr Flexibilität im Programm
und zugleich eine bessere Präsenz aufwändiger künstlerischer,
dokumentarischer und aktueller Produktionen über die Regelsendezeiten
hinaus. Dazu: Mehr Kooperation zwischen den Redaktionen, eine bessere
Vernetzung von Fachkompetenz und Fachleuten über engere Ressortgrenzen
hinaus.
Deutschland verfügt im internationalen Vergleich über
die besten Kultur- und Vollprogramme im Hörfunk der ARD. Bayern2Radio
hält einen Spitzenplatz unter ihnen seit Jahren inne. Das Vorurteil,
jede Programmreform stärke populistische und generalistische
Tendenzen, fördere sogar eine Demontage anspruchsvoller Kultur-
und Informationsinhalte zugunsten von „easy listening“,
ist falsch und deshalb auch ärgerlich.
Christoph Lindenmeyer
Leiter der Hauptabteilung Kultur, Bayrischer Rundfunk