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nmz-archiv
nmz 2002/12 | Seite 12
51. Jahrgang | Dez./Jan.
Deutscher Kulturrat
Empfindlich auf den Zahn gefühlt
Die erste Sitzung des Ausschusses für Kultur und Medien im
Deutschen Bundestag
In der ersten Sitzung des Ausschusses für Kultur und Medien
des Deutschen Bundestags am 13. November 2002 in Berlin macht die
Opposition deutlich, was sie von der Kulturstaatsministerin erwartet.
Nachdem die Staatsministerin für Kultur und Medien, Christina
Weiss, ihr Amtsverständnis und Arbeitsprogramm für diese
Legislaturperiode vorgestellt hatte, wurde ihr von der Opposition
empfindlich auf den Zahn gefühlt.
Weiss hatte zunächst, wie bereits in ihrer ersten Bundestagsrede
am 29. Oktober 2002, dargelegt, dass sie sich als Anwältin
der Kultur versteht und ihre Hauptaufgabe im Moderieren, Repräsentieren
und Missionieren, im Sinne von vermitteln, versteht. Als wichtige
Aufgaben nannte sie die Regelung verschiedener Finanzierungsabkommen,
wie das der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, das der Stiftung
Preußische Schlösser und Gärten sowie den Hauptstadtkulturvertrag.
Die Finanzierungsabkommen dieser Einrichtungen laufen in dieser
Legislaturperiode aus und müssen daher teilweise im Einvernehmen
mit den Ländern neu verhandelt werden. Unmissverständlich
machte Weiss klar, dass sie sich für eine klare Aufgabenteilung
von Bund und Ländern ausspricht.
Weiss ließ in ihren Ausführungen zur Kulturförderung
keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie die Meinung vertritt „Wer
bezahlt, sollte auch das Sagen haben“. So lobte sie die in
der letzten Legislaturperiode geschaffene GmbH von Haus der Kulturen
der Welt, Berlinale und Berliner Festspiele mit einem kaufmännischen
Geschäftsführer, der mehr Kostenkontrolle und Einfluss
für den Bund ermöglicht. Ähnlich argumentierte sie
hinsichtlich einer Neustrukturierung des Deutschen Filmpreises,
bei dem sie klar formulierte, dass, wenn ihr Haus die Mittel zur
Verfügung stellt, sie die geborene Vorsitzende des Aufsichtsrates
ist. In ähnliche Richtung scheinen auch die Bemühungen
zur Fortführung der Projekte des Deutschen Musikrates zu laufen.
Weiss kritisierte die vorhandene Struktur der Vermischung von Interessenvertretung
und Förderung. Ihres Erachtens sollte die Geldvergabe in einer
neuen Struktur klar geregelt werden. Ein Geschäftsführer
wäre für die Projekte verantwortlich. Zusätzlich
wird ein Kontrollorgan geschaffen, in dem der Deutsche Musikrat
vertreten sein kann.
Rolle rückwärts?
Lässt man demgegenüber die kulturpolitischen Diskussionen
der vergangenen zwei Jahrzehnte Revue passieren, in denen ein zentrales
Thema die staatsferne Vergabe von Fördermitteln war, so scheint
sich hier eine Rolle rückwärts anzubahnen. Als wichtiges
Instrument ihrer künftigen Politik nannte Weiss die Kulturverträglichkeitsprüfung.
Bei der geplanten Streichung des Spendenabzugs für Körperschaften
hat sich diese Kulturverträglichkeitsprüfung ihres Hauses,
so Weiss, als erfolgreich herausgestellt. Mit Blick auf die Gesetzgebung
nannte Weiss die anstehende Novellierung des Filmförderungsgesetzes,
das zum 31.Dezember 2003 ausläuft sowie die Reform des Deutsche
Welle-Gesetzes. In der anschließenden Debatte wurde Weiss
von der Opposition in die Zange genommen.
Der neue Kulturpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Günter
Nooke, bohrte gleich zu Beginn seiner Ausführungen in einer
Wunde, indem er feststellte, dass er eine Stärkung des Amtes
der Kulturstaatsministerin nicht erkennen kann, da die Zuständigkeit
für die Auswärtige Kulturpolitik eben nicht, wie von Staatsministerin
Weiss gewünscht, dem BKM zugesprochen wurde. Konkreter fragte
er nach den Schwerpunkten der Politik von Weiss, die seiner Ansicht
nach trotz der ausführlichen Ausführungen zu den künftigen
Förderaufgaben zu kurz gekommen sind.
Der kultur- und medienpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion,
Hans-Joachim Otto, kritisierte, dass in den Ausführungen von
Staatsministerin Weiss die Kulturförderung eine zu große
Rolle gespielt und die Medienpolitik wenig Raum eingenommen hat.
Für ihn stellt sich die grundsätzliche Frage nach einer
neuen Medien- und Kommunikationsordnung, die im Gespräch mit
den Ländern gesucht werden sollte. Auch lehnte Otto die von
Weiss angesprochene Quotenregelung für den Film strikt ab.
Bernd Neumann (CDU/CSU) schlug noch einmal in dieselbe Kerbe wie
Nooke. Auch er kritisierte, dass die Staatsministerin die Kompetenz
für die Auswärtige Kulturpolitik nicht erhalten hat.
Wie die Vertreter der Opposition mahnte auch Grietje Bettin (Bündnis
90/Die Grünen) konkretere Aussagen zu medienpolitischen Fragen
bei der Staatsministerin an, so etwa zu dem angeregten Medien- und
Kommunikationsrat. Weiter führte Bettin aus, dass ihre Fraktion
in dieser Legislaturperiode die in der letzten Wahlperiode durchgeführten
Gesetzesänderungen im Bereich der Besteuerung ausländischer
Künstlerinnen und Künstler sowie des Künstlersozialversicherungsgesetzes
und das neu verabschiedete Urhebervertragsrecht überprüfen
will.
Die Vertreter der SPD, so der kulturpolitische Sprecher Eckhardt
Barthel, wie auch Gisela Schröter und Angelika Krüger-Leißner
verwiesen darauf, dass der Kulturausschuss in der letzten Legislaturperiode
sehr erfolgreich war, wenn er sich Kompetenzen angemaßt hat.
Dies sollte auch in dieser Legislaturperiode eine wichtige Handlungsmaxime
werden.
Insgesamt vermittelte diese erste Debatte im Ausschuss für
Kultur und Medien des Deutschen Bundestags den Eindruck, dass in
dieser Legislaturperiode die Medienpolitik deutlich an Gewicht gewinnen
wird. Neben dem ausgewiesenen Medienpolitiker Wolfgang Clement als
Wirtschaftsminister wird Staatsministerin Weiss unter Beweis stellen
müssen, dass sie sich nicht die Butter vom Brot nehmen lässt
und sich in diese Themen ebenso einarbeitet wie es bei der Förderung
von Kultureinrichtungen der Fall ist. Oppositions- und Regierungsfraktion
verlangen mehr als moderieren, repräsentieren und missionieren,
sie wollen, so ist zumindest der Eindruck nach dieser ersten Sitzung
des Ausschusses für Kultur und Medien, die Klingen anhand von
Gesetzesvorhaben kreuzen und wollen Politik gestalten.