Gesellschaftliche Situation und ästhetische Prozesse
Begrüßung durch Monika Grütters, Vorstand Stiftung
„Brandenburger Tor“
Sehr geehrter Herr Dr. von Loeffelholz, sehr geehrte Damen und
Herren, es ist mir ein großes Vergnügen, Sie im Namen
der Stiftung „Brandenburger Tor“ zum zweiten Mal zur
Verleihung des Kulturgroschens durch den Deutschen Kulturrat im
Max-Liebermann-Haus begrüßen zu dürfen – steht
doch der Name des Malers Max Liebermann für die Kunst und die
Kultur, die wir heute ehren wollen – und steht doch auch der
Name des Preisträgers für eben diese Ehrerbietung gegenüber
der Kunst und den Künstlern, um die es dem Deutschen Kulturrat
mit seinem Preis geht.
Monika Grütters bei
ihrer Rede. Foto: Helmut Biess
Im vergangenen Herbst und Winter konnten wir hier am authentischen
Ort den Namensgeber Max Liebermann ehren und wir haben das nicht
nur mit einer affirmativen Annäherung an sein Lebenswerk getan,
sondern wir haben den Streiter um die Moderne herausgestellt. Der
Titel der Ausstellung war „Im Streit um die Moderne –
Max Liebermann“. Ihn, denjenigen Max Liebermann, der sich
in einer sehr öffentlichen Auseinandersetzung mit dem Kaiser
nicht immer nur Freunde, aber doch einen großen Namen gemacht
hat. Und es ging in diesem Streit auch nicht nur um das Atelierdach,
das wir alle kennen, und das die typische Skyline des damaligen
Pariser Platzes ausgemacht hat, das zu einer Metapher, zum Symbol
dieses Streites um die Moderne auch für die Künstlerkollegen
geworden ist. Es ging Max Liebermann nicht nur um das Atelierdach,
sondern um das Grundverständnis, welches die Rolle der Kunst
in seiner Gesellschaft sein könnte, damit auch um den Kulturbegriff
generell. Liebermann war es, der seinen Künstlerkollegen so
eine Orientierung gegeben hat und der der Kunst und der Kultur eine
Stimme verliehen hat, zeitweise auch gegenüber am Platz, dort
wo die Akademie der Künste stand und wo sie jetzt glücklicherweise
wieder errichtet wird.
Auch Sie, verehrter Freiherr von Loeffelholz, gelten als eine Persönlichkeit,
die gerade jungen Künstlern und Künstlerinnen Förderung
zuteil werden lässt, die nicht unbedingt immer nur marktgängig
sind, das heißt, die auch unbequem sein können, ein Risiko,
das bei den Zeitgenossen ohnehin gegeben ist.
Fast ein wenig wie Max Liebermann sind auch Sie, so hat es der
Deutsche Kulturrat selber formuliert, ein „energischer Verteidiger
des Eigenwertes von Kunst und Kultur gegen wirtschaftliche sowie
politische Instrumentalisierung“. Dabei verkörpern Sie
darüber hinaus eindrucksvoll die Verbindung von Wirtschaft
und Kultur. Für uns sind Kunst und Kommerz hier zu Lande lange
ein beinahe natürlicher Gegensatz gewesen, aber dank so vornehmer
Streiter um auch diesen Aspekt der Moderne wie Sie, dank solcher
vornehmen Streiter, nähern sich diese beiden Sphären immer
weiter aneinander an.
Das ist, und sehen Sie mir nach, dass ich zum Schluss noch ein
bisschen Eigenwerbung mache, das ist auch der Zweck, dem die Stiftung
„Brandenburger Tor“ ihre Existenz verdankt. Ich glaube,
dass die Brandenburger-Tor-Stiftung mit zum Besten gehört,
was die Bankgesellschaft Berlin seinerzeit gegründet hat.
Das ist nämlich der Sinn und Zweck von Stiftungen, Frau Vollmer
– Sie haben um das Stiftungsgesetz in seiner heutigen Form
ja sehr gekämpft. Stiftungen werden in Deutschland auf ewig
gegründet, da sehen Sie einmal, dass das Gute notfalls auch
die Turbulenzen der Stifterin selbst überdauern kann. Wir werden
gerade in diesem Jahr unter unserem Kuratoriumsvorsitzenden, Altbundespräsident
Roman Herzog, den fünften Geburtstag begehen können und
wir haben in den zweieinhalb Jahren, in denen wir hier arbeiten,
eine operative Stiftung geschaffen, die Bildung, Wissenschaft und
Kultur fördert, aber eben zu zwei Dritteln den sehr schwierigen
Bildungsbereich sich zum Ziel gesetzt hat, wir haben in den zweieinhalb
Jahren, in denen wir in diesem Haus sitzen, immerhin über 100.000
Besucher angezogen, mehr als 20 Publikationen herausgeben können,
wir haben viele Wissenschaftsworkshops gemacht, konnten vier bundesweite
Jugendwettbewerbe durchführen und sind gerade im Begriff, unsere
vierte große Ausstellung zu eröffnen. Das geschieht nächste
Woche Freitag mit der „Situation Ungarn“.
Dort zeigen wir auch mit dem Aspekt Osteuropa junge Streiter um
ihre Moderne, wir haben Künstler ausgewählt, die 1970
auf eigene Faust eine kleine Ausstellung gemacht haben, „Ipartev“,
die prompt zwei Tage später verboten wurde und aus dem Pool
dieser Künstler zeigen wir die Arbeiten von damals und konfrontieren
sie dann mit dem Schaffenswerk heute, immer mit der Fragestellung:
Welche Auswirkung hat die gesellschaftliche Situation auf ästhetische
Prozesse.
Ich glaube, dass eine sehr interessante und spannende Ausstellung
gerade an diesem Ort dabei herausgekommen ist. Auch das dürfte
ich vielleicht gerade zum Abschluss noch sagen: die kulturelle Verantwortung
wollen wir damit unterstreichen, die Unternehmen in der Bürgergesellschaft
auch tragen, das war damals der vornehme Zweck, dem sich auch die
Bankgesellschaft Berlin verpflichtet gefühlt hat und für
den gerade Sie, Herr von Loeffelholz, auch stehen. Die Stiftung
„Brandenburger Tor“ hat sich, so steht es in ihrer Satzung,
zum Ziel gesetzt, Persönlichkeiten mit einer Vorbildfunktion
für die Allgemeinheit zu fördern.
Nachdem wir vor zwei Jahren Frau Rita Süssmuth hier auszeichnen
konnten, ist es uns heute eine besondere Ehre, dass gerade Sie,
auf den die Intention der Stiftung in besonderer Weise zutrifft,
hier in diesen Räumen, die den Namen Max Liebermanns tragen
und die wir mit der Stiftung „Brandenburger Tor“ ein
bisschen mit Leben füllen können, dass Sie heute hier
geehrt werden. Ich wünsche Ihnen und uns einen angenehmen Abend
und lade Sie alle ab kommenden Freitag dazu ein, in unsere Ausstellung
„Situation Ungarn“ zu kommen. Schönen Dank.