Der Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft tagte in Hamburg
Einen außergewöhnlichen Rahmen für „Events“
zu finden liegt den Protagonisten der Veranstaltungswirtschaft vielleicht
im Blut. Jedenfalls traf sich der Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft
(idkv) zu seiner Mitgliederversammlung nicht im schnöden Veranstaltungssaal,
sondern angemessen auf dem Raddampfer „Louisiana Star“,
der während der Vorträge und Diskussionen über die
Hamburger Elbe tuckerte. Ob die Anwesenheit von gerade mal 23 Prozent
der idkv-Mitglieder wirklich ein Erfolg war – wie Verbandspräsident
Jens Michow es in seiner Eingangsrede darstellte? Es lag immerhin
nahe, im verbandsinternen Teil darüber zu diskutieren, die
Frequenz der Mitgliederversammlungen künftig von zweimal auf
einmal jährlich zu reduzieren.
Bereit zu Allianzen: (von
li.) Heinz Stroh (Musikverlegerverband), Peter Zombik (Bundesverband
der Phonographischen Wirtschaft), Michael Bisping (Moderation),
Werner Treimetten (Internationaler Verband für Show
und Unterhaltungskunst), Olaf Zimmermann (Deutscher Kulturrat),
Jens Michow (idkv), Peter James (VUT), Thomas Rietschel
(Deutscher Musikrat), Dieter Weidenfeld (Moderation) und
Karsten Jahnke (Verband Deutscher Konzertdirektionen). Foto:
idkv
Höhepunkt des Tagungsprogramms war die Podiumsdiskussion zum
Thema „Wege zur Allianz aller Verbände der Musikwirtschaft“.
Ein Thema, das in der Luft liegt und fast schon zu spät aufgegriffen
wird: In einer Zeit, in der viele Brancheninsider über die
Flaute gerade im Musik-Business klagen, erkennt man, dass ein gemeinsames
Vorgehen in Fragen, die für alle Beteiligten relevant sind,
einen besseren Output erzeugen könnte. Andererseits wurde im
Verlauf des Gesprächs klar, dass der Vorstoß des idkv
auf eine bereits gelegte Basis aufsetzt. „Wir reden ja schon
miteinander“, lautet die Aussage der Phono-Vertreter Peter
Zombik (Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft) und Peter
James (Verband Unabhängiger Tonträgerunternehmer); eher
müsse es, so Heinz Stroh, Geschäftsführer des Musikverlegerverbandes,
um die Frage der formalen Struktur einer solchen Allianz gehen.
„Bloß kein neuer Verband“ war das einmütige
Votum der Runde; Einmütigkeit herrschte insgesamt vor, was
die Frage aufwirft, ob die Planung einer neuen Struktur das geeignete
Thema für eine öffentliche Podiumsdiskussion ist. Nicht
von ungefähr kamen die Diskussionsteilnehmer schon eine halbe
Stunde vor dem angesetzten Diskussionsende zum Ergebnis. Dieses
hat einen Namen: „Ständige Konferenz der Musikwirtschaft“
soll es heißen und ein regelmäßiges Branchentreffen
sein, das sich möglicherweise unter dem Dach des Deutschen
Musikrates und/oder des Deutschen Kulturrates etablieren könnte.
Die Geschäftsführer beider Institutionen, Thomas Rietschel
und Olaf Zimmermann, signalisierten Bereitschaft und Interesse.
Durch einen Schulterschluss mit Vertretern anderer Kultursparten,
so Zimmermann, könne der Kulturrat in bestimmten Fragen die
Schlagkraft erhöhen. Je stärker die Front, desto größer
ist die Chance, in der Politik als bedeutender Wirtschaftszweig
wahrgenommen zu werden.
Nur eine Frage wurde im Verlauf des Gesprächs kontrovers
diskutiert – und blieb bei aller sonstigen Einmut bis zum
Schluss unbeantwortet. Was eigentlich ist „Die Musikwirtschaft“?
Wer gehört dazu? Wer sollte – neben den anwesenden Vertretern
der phonografischen Wirtschaft, der Veranstalterbranche, der Musikverleger
und der Spitzenkulturverbände – Teilnehmer solcher „Ständigen
Konferenz“ sein? Ganz klar: die Musikinstrumentenindustrie,
sagen Thomas Rietschel und Heinz Stroh, der zugleich als Geschäftsführer
des Fachverbandes Deutsche Klavierindustrie fungiert. Lieber nicht,
sagt Jens Michow; die zu diskutierenden Themen wie Ausländersteuer
oder Künstlersozialkasse seien für diese Branche nicht
interessant. Offenbar fürchtet er die Gefahr, die Themenstellung
allzu sehr zu verwässern. Eine Konferenz, die den Anspruch
erhebt, „die Musikwirtschaft“ zu vertreten, wird er
allerdings bei Abwesenheit eines bedeutenden Teils dieser Branche
nicht schaffen können. Sinnvoll wäre wohl eher eine fallweise
Einberufung der Konferenz zu festgelegten Themen mit den jeweils
betroffenen Personen.
Die Veranstalterbranche war im übrigen nicht allein durch
Jens Michow auf dem Podium vertreten. Karsten Jahnke saß für
den Verband Deutscher Konzertdirektionen (VDK), Werner Treimetten
für den Internationalen Verband für Show und Unterhaltungskunst
(IFSU) auf der Bühne. Während der Diskussion demonstrierten
sie ihre Kooperationsbereitschaft. Dennoch gibt die Frage, warum
die Branche gleich drei Verbände verträgt, zu denken.
Jens Michow, im Gespräch dazu befragt, erklärt die Genese
des idkv, der im Gegensatz zum alt eingesessenen VDK erst seit 1985
existiert. Gegründet wurde er damals „als Bollwerk gegen
die Bundesanstalt für Arbeit“. Es ging um die Frage,
ob Künstlervermittlung Arbeitsvermittlung sei und Künstlerverträge
daher nur durch die Bundesanstalt oder durch von ihr beauftragte
Unternehmen vermittelt werden dürften. Agenten und Veranstalter
kämpften gemeinsam in über 60 Gerichtsverhandlungen und
bekamen durch die Bank Recht. Hatten sich anlässlich der konkreten
Frage zunächst 21 Unternehmen zusammengeschlossen, so sind
es heute bereits 249, die sich in branchenspezifschen Problemen
vom idkv vertreten lassen.Warum aber arbeiten heute drei Verbände
nebeneinander? Der „Kardinalunterschied“, so Michow,
sei, dass der idkv über einen bezahlten Geschäftsführer
verfüge, der von den Mitgliedern auch in die Pflicht genommen
werden könne. „Die Branche ist ein so wichtiger Wirtschaftsfaktor,
dass sie es verdient, einen professionell strukturierten Verband
zu haben mit einer Geschäftsstelle, die wirklich acht Stunden
am Tag zu erreichen ist.“ Kooperation gebe es schon, so Michow.
Sein Ziel allerdings sei es, „diese drei Veranstalterverbände
unter einem Dach zu vereinen.“ Im Sinne einer gesteigerten
Branchen-Schlagkraft möchte er „die Kräfte und Etats
bündeln“. Mit diesem Ansinnen habe er jedoch bisher bei
den konkurrierenden Verbänden keinen Erfolg gehabt. „Man
möchte kooperieren, aber vorhandene Strukturen erhalten. Ich
frage mich, ob damit wirklich dem Interesse der Mitglieder gedient
ist.“ Immerhin vertritt der idkv so unterschiedliche Mitglieder
wie Agenturen und Veranstalter. Eine Unterteilung mache keinen Sinn,
so Michow. Viele Veranstalter seien gleichzeitig auch Agenten und
umgekehrt. Und die anstehenden Fragen und Probleme betreffen die
gesamte Branche. Jüngster Erfolg des Verbandes ist die Schaffung
eines neuen Ausbildungsberufes „Veranstaltungskaufmann“.
1.500 junge Menschen werden inzwischen in diesem Beruf ausgebildet.
Aufgabe des Verbandes sei vor allem die Verbesserung der Ausbildung
in den Berufsschulen. Die Lehrer sind auf die spezifischen Lehrinhalte
offenbar nicht vorbereitet. Hier Verbesserung zu schaffen hat Michow
sich vorgenommen. Sorgen über die Vermittlungsfähigkeit
dieser Auszubildenden macht er sich nicht. Die Ausbildung sei so
vielfältig angelegt, dass es viele Berufs-Chancen gebe. Trotz
aller Unkenrufe ist die Branche der Veranstaltungwirtschaft auch
noch im Wachsen begriffen.