Einer reichen Musikkultur die Plattform verschaffen
Eine Umfrage unter führenden Vertretern deutscher Musikwirtschaftsverbände
Die Interessenlagen der Musikwirtschaftsverbände sind heterogener
als man zunächst annimmt. Welche kulturpolitischen Ziele diese
Verbände im Einzelnen anstreben, wie sie sich zwischen Wirtschaft
und Kultur ansiedeln und wie sie sich von Musikrat und Kulturrat
vertreten fühlen, dies alles waren Themen der folgenden Umfrage.
nmz-Redaktionsleiter Andreas Kolb Interviewte Gerd Gebhardt, Vorsitzender
der Deutschen Phonoverbände, Heinz Stoh, Geschäftsführer
des Deutschen Musikverleger-Verbandes, und Winfried Baumbach, Geschäftsführer
des Verbands deutscher Musikinstrumentenhersteller.
Gerd Gebhardt, Deutsche Phonoverbände
nmz: Was ist die Aufgabe des Bundesverbandes der Phonographischen
Wirtschaft und in welcher Beziehung steht Ihr Verband zur Deutschen
Landesgruppe der IFPI (International Federation of the Phonographic
Industry) und zur Deutschen Phono-Akademie?
Gerd Gebhardt: Alle drei Verbände werden getragen
von den Tonträgerherstellern in Deutschland, sind sozusagen
Schwestern. Der Bundesverband hat vor allem die Aufgaben eines Wirtschaftsverbandes
wie Statistik und Öffentlichkeitsarbeit, die Deutsche Landesgruppe
der IFPI ist Teil des weltweiten Tonträgerverbandes und verantwortlich
für Piraterieverfolgung und urheberrechtliche Fragen einschließlich
der politischen Kommunikation. Die Deutsche Phono-Akademie ist unser
Kulturinstitut, engagiert sich in der musikalischen Nachwuchsförderung
und organisiert den ECHO.Preis.
nmz: Das Verhältnis von Kultur und Wirtschaft ist
bei der Phonoindustrie zwangsläufig ein sehr enges. Fühlt
sich die Phonoindustrie einem kulturellen Auftrag verpflichtet?
Wenn ja, welchem?
Gebhardt: Wir sind ein wichtiger Teil der Kulturwirtschaft.
Unsere Aufgabe ist nicht das Produzieren von kleinen bunten Silberscheiben,
sondern das Finden, Produzieren und Vermarkten der Musik, die darauf
gespeichert ist. Wir verschaffen einer reichen Musikkultur zu Plattformen
und Öffentlichkeit.
nmz: Welche Motive stehen hinter dem Umzug von Hamburg nach
Berlin?
Gebhardt: Die Geschäftsstelle der Verbände wird
Ende 2003 von Hamburg nach Berlin ziehen. Der Grund ist, dass die
Kommunikation mit Politikern, Journalisten und anderen Multiplikatoren
von dort aus noch effektiver zu gestalten ist. Unsere Anwesenheit
in Berlin wird uns sicher lange Wege ersparen.
nmz: Wer werden Ihre Hauptansprechpartner in der Politik
sein? Superminister Clement oder Kulturministerin Christina Weiss
oder der Kulturausschuss des Deutschen Bundes- tages oder das Jugendministerium?
Gebhardt: Wir haben vielfältige Themen: Novellierung
des Urheberrechtsgesetzes, Radioquote, Musikexportbüro, Mehrwertsteuersatz
und so weiter. Wir sind mit allen Akteuren, die für die jeweiligen
Themen Verantwortung tragen, gleichzeitig im Gespräch. Das
ist auch wichtig.
nmz: Man spricht oft von einer Krise der Schallplattenbranche.
Ist das eine ökonomische oder auch eine kulturelle Krise?
Gebhardt: Ich sehe offen gestanden keine kulturelle Krise
der Musikwirtschaft. Es wurde wohl nie so viel Musik gehört
wie heute. 200 Millionen mit Musik bespielte CD-Rohlinge und 500
Millionen aus dem Internet heruntergeladene Songs sind ja gerade
ein Beleg dafür, wie attraktiv und nachgefragt Musik ist. Nur
gekauft wird sie seltener, weil man sie sich auch anders besorgen
kann und dagegen werden wir noch aktiver vorgehen.
nmz: Der Rückgang der CD-Verkaufszahlen (vor allem
im Bereich der Klassik) hat sicher nicht nur mit dem Internet zu
tun. Gleichzeitig ist seit Jahren ein Abbröckeln des Musikunterrichts
an den Schulen zu beobachten. Der Zustrom auf die Musikschulen scheint
davon nicht tangiert. Aber weniger Mittel der öffentlichen
Hand werden möglicherweise Kostensteigerungen verursachen und
damit eine Breitenausbildung nicht gerade fördern. Was tut
die Phonoindustrie im Bereich Schule und Ausbildung?
Gebhardt: Die Deutsche Phono-Akademie hat gerade ein Programm
mit dem Titel „100 Schulen“ aufgelegt, an denen Projekttage
durchgeführt werden, die nachhaltig für einen höheren
Stellenwert von Musik werben. Wir haben die Aktion „Schule
braucht Musik“ ins Leben gerufen und sind seit Jahren im Bereich
der musikalischen Bildung aktiv. Wir fördern sogar jährlich
eine Person mit einem Stipendium, die dann eine Ausbildung an der
privaten Musikhochschule von Paul McCartney in Liverpool absolvieren
kann.
nmz: Die Stichworte Sponsoring, Stiftungsgründung
und Mäzenatentum sind derzeit in aller Munde. Welche Positionen
vertritt Ihr Verband hier?
Gebhardt: In einer aktiven Bürgergesellschaft, die
wir in Deutschland glücklicherweise immer noch und hoffentlich
auch noch lange haben werden, ist das private Engagement ideeller
und finanzieller Art enorm wichtig und geradezu konstitutiv. Hier
gibt es eine enorme Leistungsbereitschaft, die auf jeden Fall durch
staatliche Rahmenbedingungen gefördert werden muss. Die Änderung
des Stiftungsrechts war hier ein erster Schritt, wichtig war auch,
dass der geplante Wegfall der steuerlichen Absetzbarkeit solcher
Spenden nicht Wirklichkeit wurde. Mit solchen Änderungen gefährdet
man die Bereitschaft von Menschen und Unternehmen, sich für
das Gemeinwohl zu engagieren.
nmz: Der Bundesverband Phono ist Mitglied des Deutschen
Musikrates und des Deutschen Kulturrates. Inwieweit fühlen
Sie sich von diesen Verbänden vertreten, was erwarten Sie?
Und wie vertreten Sie ihre eigenen Mitglieder in diesen Dachverbänden?
Gebhardt: Wir sind an den Beratungen der Gremien beteiligt
und halten es für wichtig, dass die Stimme der Musikwirtschaft
dort vertreten ist. Es gibt immer wieder effektive Kooperationen
für bestimmte Projekte (wie zum Beispiel neuerdings zum Urheberrecht),
und die Dachverbände sind auch für uns gelegentlich ein
Forum, zu dem wir mit Überzeugung stehen. Sehr positiv nehmen
wir wahr, dass der Deutsche Musikrat und sein neuer Generalsekretär
dem nicht ganz unwichtigen Bereich der Popmusik inzwischen auch
mehr Aufmerksamkeit widmen, das war leider vorher nicht immer besonders
ausgeprägt.
nmz: Last but not least: die Künstler. Die Phonoindustrie
hat in den vergangenen Jahrzehnten stets einen wichtigen Beitrag
zur Entdeckung, Vermarktung und auch Förderung von Künstlern
geleistet. Werden Sie dieser Aufgabe noch gerecht? Gibt es in Zukunft
noch langfristige Bindungen zwischen Künstler und Company?
Gebhardt: Das war immer so und wird sich auch in Zukunft
nicht ändern. Wer, bitte schön, fördert noch unbekannte
Künstler so nachhaltig wie gerade die Plattenfirmen? Gerade
die langfristigen Bindungen entstehen aus künstlerischer Überzeugung
und Zutrauen zu den Künstlern. Und kontinuierlicher Künstleraufbau
ist die Basis, auf der unsere Branche lebt. Es wird immer auch Künstler
geben, deren Erfolg nicht lange hält. Aber Grönemeyer,
Müller-Westernhagen, die Toten Hosen und Xavier Naidoo sind
nur einige Beispiele von vielen für den langen Atem der Musikbranche.
Heinz Stroh, Deutscher Musikverleger-Verband e.V.
nmz: Was ist die Aufgabe des Deutschen Musikverleger-Verbands?
Heinz Stroh: Der DMV – Deutscher Musikverleger-Verband
e.V. – ist der Zusammenschluss von Musikverlagen aus dem gesamten
Bundesgebiet. Mit über 400 Musikverlagen erreicht der Verband
einen Organisationsgrad von annähernd 90 Prozent der in Deutschland
tätigen Musikverlage.
Haupttätigkeit des DMV ist die Interessenwahrnehmung der Mitglieder
gegenüber Behörden, Verbänden und Organisationen
im weltweiten Musikmarkt. Dies betrifft insbesondere auch die Mitwirkung
an Gesetzesinitiativen, zum Beispiel zur Neuregelung des Urheberrechts,
des Urhebervertragsrechts und der Ladenpreisbindung. Weitere Schwerpunkte
der Verbandsarbeit sind die Herstellung der internationalen Messepräsenz
für die Mitglieder, die Durchführung von Fortbildung für
Musikverleger, die Herausgabe der Branchenzeitschrift „Musikhandel“
sowie die ständige Information über aktuelle Themen der
Musikbranche. Insgesamt versteht sich der DMV als Dienstleister
für seine Mitglieder.
nmz: Das Verhältnis von Kultur und Wirtschaft ist
bei Verlagen zwangsläufig ein sehr enges.
Wie definieren Sie den kulturellen Auftrag Ihres Verbands?
Stroh: Die Hauptaufgabe von Musikverlagen ist nach wie
vor die Entdeckung und der Aufbau von Urhebern, also Komponisten
und Textdichtern, sowie die Pflege und Verwertung des traditionellen
Repertoires. Zwar dürfen dabei wirtschaftliche Kriterien nicht
außer acht gelassen werden. Dennoch ist bei der Verwertung
vieler Musikwerke, insbesondere im Bereich der zeitgenössischen
Musik, von vornherein absehbar, dass sich die von den Musikverlagen
investierten Kosten wirtschaftlich nicht amortisieren lassen. Dennoch
werden auch derartige Werke veröffentlicht, da sich die Musikverleger
traditionell auch als kulturelle Förderer der Musik betrachten
und kaufmännische Gesichtspunkte bei derartigen Entscheidungen
oftmals in den Hintergrund treten.
nmz: Immer mehr Verbände ziehen nach Berlin? Stehen
bei Ihnen derartige Überlegungen an? Wie vertreten Sie die
Interessen Ihrer Mitglieder gegenüber der Politik?
Stroh: Der DMV hat hier bereits eine Lösung realisiert:
Die Geschäftsstelle bleibt in Bonn und in Berlin wurde eine
Außenstelle eingerichtet. Vertreter des DMV, auch aus der
Geschäftsstelle in Bonn, werden auch in Zukunft, zum Beispiel
bei wichtigen Anhörungen im Deutschen Bundestag oder sonstigen
politischen Gesprächen, in Berlin präsent sein.
nmz: Im Gegensatz zur Schallplattenbranche stehen Deutschlands
Musikverleger gut da. Was sind die Gründe dafür? Ist die
ökonomische Krise, die sich ja auch in zurückgehenden
Geldern von Seiten der öffentlichen Hand auszeichnet auch eine
kulturelle Krise?
Stroh: Auch die deutschen Musikverlage sind von der schwierigen
wirtschaftlichen Lage betroffen. Die in der Tat starken Umsatzrückgänge
der Tonträgerindustrie treffen somit auch die Musikverlage.
Allerdings können rückläufige Einnahmen aus dem sogenannten
„mechanischen Recht“ durch die nach wie vor stabilen
Vergütungen für das Aufführungs- und das Senderecht
zum Teil kompensiert werden. Diese Einnahmen erhalten die Musikverlage
sowie auch die Urheber über die GEMA. Darüber hinaus setzen
sich die Musikverlage unmittelbar für die wirtschaftliche Verwertung
von Musik ein. Dies betrifft unter anderem den neuen Bereich der
vielfältigen Möglichkeiten der Digitaltechnik. Als Beispiel
sei hier nur die Lizenzierung von Ruftonmelodien (sogenannte Handy-Klingeltöne)
zu erwähnen. Allerdings können diese neuen Einnahmefelder
bei weitem nicht den Schaden ausgleichen, der durch die digitale
Technik, etwa durch CD-Brennen und Internetpiraterie, entsteht.
nmz: Musikverlage leben mittelbar und unmittelbar vom Musikunterricht.
Welche Aktivitäten unternimmt Ihr Verband in den Bereichen
Schule und Ausbildung?
Stroh: Der DMV setzt sich in starkem Maße dafür
ein, dass der Abbau des Musikunterrichts in den Schulen gestoppt
wird. Dies geschieht insbesondere in Kooperation mit anderen Verbänden
der Musikwirtschaft. Als Beispiel sei nur die Aktion „Intelligent
mit Musik“ genannt, die in Kooperation mit den Verbänden
des Musikfachhandels und der Musikinstrumentenhersteller erfolgte.
Weitere Allianzen werden zudem mit dem DeutschenMusikrat gebildet.
Hier soll nur auf die Aktion „Hauptsache Musik“ verwiesen
werden. Der DMV ist sich darüber im Klaren, dass die Maßnahmen
zur Förderung des aktiven Musizierens an den Schulen in den
nächsten Jahren noch intensiviert werden müssen. Dazu
wird es erforderlich sein, dass alle Verbände der Musikwirtschaft
und des gesamten Musiklebens gemeinsam gegen diesen kulturellen
Kahlschlag vorgehen.
nmz: Der DMV ist Mitglied des Deutschen Musikrates und
des Kulturrates. Inwieweit fühlen Sie sich von diesen Verbänden
vertreten? Wie vertreten Sie ihre Mitglieder in diesen Dachverbänden?
Stroh: Der DMV ist Mitglied des Deutschen Musikrates und
über den Musikrat auch Mitglied im Deutschen Kulturrat und
sieht die Notwendigkeit der Existenz dieser beiden kulturellen Dachverbände.
Die Musikverleger bringen sich deshalb in die Arbeit dieser Institutionen
ein. Dies zeigt sich beispielsweise an der konkreten Mitarbeit in
Gremien des Deutschen Musikrates wie dem Bundesfachausschuss Musikwirtschaft,
dem Beratungsausschuss des Musikinformationszentrums sowie auch
in der Aktion „Hauptsache Musik”. Im Deutschen Kulturrat
ist der DMV im Fachausschuss Urheberrecht tätig.
Winfried Baumbach, Bundesverband der Deutschen Musikinstrumenten-Hersteller
nmz: Wie definieren Sie die Aufgabe des Bundesverbands der
Deutschen Musikinstrumentenhersteller?
Winfried Baumbach: Mit dem Ziel, ihre Interessen wirkungsvoller
vertreten zu können, haben sich die Musikinstrumentenbauer
1962 zu einem Bundesverband zusammengeschlossen. Gemeinsam können
Unternehmen den schnellen Wandel, der sich in Gesellschaft, Wirtschaft
und Technik vollzieht, mitgestalten und den ständig neuen Herausforderungen
in einem immer komplexeren Umfeld begegnen sowie der Informationsflut
Herr wird, um sich innerbetrieblich auf ihre wesentlichen Aufgaben
– der Entwicklung und Herstellung marktfähiger, erfolgreicher
Produkte – konzentrieren zu können. In unserer Verbandsarbeit
setzen wir Schwerpunkte:
Fördern der gemeinsamen Interessen der Mitglieder durch
Beratung und Unterstützung in allen wirtschaftlichen, technischen
und fachlichen Fragen.
Pflegen des Erfahrungsaustausches zwischen den Mitgliedern und
mit den übrigen Verbänden und Organisationen des Musiklebens
weltweit.
Vertreten der Interessen der deutschen Musikinstrumenten- und
Zubehör-Hersteller gegenüber deutschen, europäischen,
ausländischen und supranationalen Behörden, Verbänden
und sonstigen Institutionen
Weitere Aufgaben des BdMH:
Exportförderung, hier unter anderem die Organisation der
Teilnahme an Musikmessen im Ausland in Form von Gemeinschaftsständen,
Ermittlung von Marktdaten
technische Forschung, Entwicklung
Förderung des Musizierens mit Musikinstrumenten. Hier
speziell zu nennen das Thema: Musik und Intelligenz. Forschungen
belegen die positiven Auswirkungen auf die allgemeine Entwicklung
wie speziell der mathematischen Fähigkeiten durch das aktive
Musizieren mit Musikinstrumenten bei Kindern und Jugendlichen
wie gerade auch auf das allgemeine Wohlbefinden aller Altersgruppen.
nmz: Das Verhältnis von Kultur und Wirtschaft ist
bei Instrumentenherstellern zwangsläufig ein sehr enges. Wie
definieren Sie den kulturellen Auftrag des Bundesverbandes?
Baumbach: Unser Hauptpostulat ist die Förderung und
Unterstützung der Musikpädagogik. Dazu gehören insbesondere
die Intensivierung der Nachwuchsausbildung. Im Mittelpunkt sehen
wir die Arbeit an der Akademie für Musikpädagogik, gegründet
1986. Sie verfolgt den Zweck, Maßnahmen, Modelle und Projekte
im Bereich musikpädagogischer Bildungsarbeit zu fördern
und durchzuführen. Von Pädagogen für Pädagogen
werden innovative Konzepte zum gemeinsamen Musiklernen und Musizieren
im Klassenverband entwickelt. Diese werden durch Lehrer-Fortbildungsmaßnahmen
in die Unterrichtspraxis umgesetzt. Angestrebt wird damit eine am
aktiven Musizieren ausgerichtete musikalische Elementarbildung für
alle Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen. In der Einführung
der Ganztagsschule sieht der BdMH eine große Chance für
die Stärkung des Musikunterrichts an den allgemein bildenden
Schulen. Gleichzeitig stellt die Ganztagsschule auch für die
Musikschulen die große Chance dar, sich in diesem neuen Feld
zu engagieren. Neue Aufgaben für die Musikpädagogik sehen
wir auch in der zunehmenden Zahl aktiver Ruheständler. Hier
bietet sich Musizieren als sinnvolles Hobby an. Und dafür bedarf
es qualifizierter Musikpädagogik.
nmz: Immer mehr Verbände ziehen nach Berlin? Stehen
bei Ihnen derartige Überlegungen an?
Baumbach: Nein, wir ziehen nicht nach Berlin. Als Verband
einer stark exportorientierten Industrie (gut 60 Prozent der deutschen
Instrumente werden ins Ausland exportiert) fühlen wir uns in
der Nähe von Frankfurt ideal platziert. Verbindungen nach Berlin
zu halten, ist angesichts heutiger Kommunikationsmittel kein Problem.
Termine werden oft gebündelt, aber auch – je nach Bedeutung
– dann direkt vor Ort in Berlin wahrgenommen, ebenfalls wie
spezielle Kontakte zu Regierungsstellen, Behörden, Institutionen
et cetera.
Unsere Parlamentarischen Abende in Berlin organisieren wir unproblematisch
von Wiesbaden aus.
nmz: Deutschlands Musikinstrumentenbauer stehen trotz Krise
eigentlich gut da. Was sind die Gründe dafür? Ist die
ökonomische Krise auch eine kulturelle?
Baumbach: Die deutsche Musikinstrumentenindustrie steht
im Vergleich zu anderen Branchen vor allem wegen des Exports gut
da (wie bereits ausgeführt). Auch die ökonomischen Rahmenbedingungen
sind gut, solange der Dollar nicht schwächelt. Die Entwicklung
des Binnenmarktes ist aber auch für uns extrem problematisch.
Eine kulturelle Krise machen wir hinsichtlich der Bedeutung des
Musizierens und ganz gravierend im Abbau des Musikunterrichts aus.
Unser Verband beteiligt sich aktiv bei der Unterstützung, Finanzierung,
Entwicklung und Umsetzung von musikpädagogischen Initiativen
und Projekten (siehe Frage 2).
nmz: Die Stichworte Sponsoring, Stiftungsgründung
und Mäzenatentum sind derzeit in aller Munde. Welche Positionen
vertritt Ihr Verband hier?
Baumbach: Ich verweise hier auf die bereits genannten musikpädagogischen
Einrichtungen des BdMH, in die zum Teil nicht unerhebliche Gelder
fließen. Näheres findet sich auf unserer Website www.musikins-trumente.org
oder www.musikpae-dagogik.de. Weiter darf nicht vergessen werden,
dass sich die deutschen Musikinstrumentenhersteller ihrer kulturellen
Verantwortung bewusst sind: Alle, insbesondere die größeren
Betriebe der Branche, haben ihre firmeneigenen Aktivitäten
was Sponsoring und Mäzenatentum betrifft.
nmz: Der BdMH ist Mitglied des Deutschen Musikrates und
des Kulturrates. Inwieweit fühlen Sie sich von diesen Verbänden
vertreten?
Baumbach: Dachverbände sind als Gesamtvertretung notwendig.
Im Detail ist die Zusammenarbeit nicht immer einfach. Viele „Spezialgebiete“
betreffen den BdMH weniger. Die Hauptaufgabe von Dachverbänden
sehe ich darin, der Öffentlichkeit und der Politik bewusst
zu machen, dass Kultur und Musik nötig sind, dass sie einen
unverzichtbaren Wert in unserer Gesellschaft darstellen. Wer glaubt,
man müsse nur in neue Computer investieren (gerade auch im
schulischen Bereich), oder nur rein betriebswirtschaftlich rechnet,
der schätzt den Wert der Musik völlig falsch ein.
Wir erwarten beispielsweise vom DMR, dass er Lobbyarbeit in dem
Sinne macht, dass Musik und Musikunterricht von Anfang an, also
vom Kindergarten an, integrale, unverzichtbare Bestandteile unseres
Bildungssystems sind.