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nmz-archiv
nmz 2003/02 | Seite 1
52. Jahrgang | Februar
Leitartikel
Musikratschläge
Die Krise des Deutschen Musikrates wird sicher noch längere
Zeit die Diskussionen unter allen unmittelbar Beteiligten, aber
auch in der interessierten Öffentlichkeit beherrschen. Das
Wichtigste, das es im Vorfeld zu regeln gilt, wäre dafür
zu sorgen, dass aus der musikalischen „Irak“-Krise kein
Krieg mit zerstörerischen Folgen entsteht, sondern eine sinnvolle
Neuordnung der Musikratsarbeit. Dazu dienen präzise Analysen
der Situation, genaue Überlegungen, wie solche negativen Entwicklungen
verhindert werden können, schließlich die Gestaltung
der Zukunft, wofür Ideen und Vorschläge möglichst
umfassend zu sammeln wären, damit aus ihnen die neue Struktur
„geschmiedet“ werden kann. Diesen notwendigen Prozess
möchte auch die neue musikzeitung begleiten, indem sie sich
als Print-Forum für das „Gespräch“ zur Verfügung
stellt. Der Forums-Gedanke gehört gleichsam zum Grundinventar
der nmz seit ihrer Gründung.
So kommen auch in dieser Ausgabe maßgebliche Persönlichkeiten
und Funktionsträger des deutschen Musiklebens ausführlich
zum Thema „Musikrat“ zu Wort: auf den Seiten
7 bis 12 und auf der Jeunesses-Musicales-Seite
26. Wobei hier schon gesagt sei, dass die Erneuerung des Musikrates
zugleich den Verzicht auf die weitere Mitwirkung des bisherigen
geschäftsführenden Präsidiums (Ulrike Liedtke, Eckart
Lange, Franz Müller-Heuser) bedingt: Es trägt für
das entstandene Desaster auf jeden Fall die „politische Verantwortung“
– mit den entsprechenden Konsequenzen.
Die Beiträge sollen vor allem dazu dienen, im Vorfeld der
Generalversammlung des Musikrates Ende Februar 2003 die zu behandelnden
Themen zu ordnen, neue konstruktive Ideen einzubringen, vor allem
aber die politischen Perspektiven der künftigen Musikratsarbeit
nachdrücklich herauszuarbeiten, die Verfassung so zu formulieren
und fixieren, dass diese (kultur-)politische Leitfunktion des Deutschen
Musikrates eigenständig, ohne Einmischung oder direkte Beteiligung
seitens der politischen Institutionen wahrgenommen werden kann.
Alles weitere wäre nachgeordnet und sollte mit Ruhe und Vernunft
in eine effektive neue Ordnung mit entsprechenden Zuständigkeiten
überführt werden.
Dem bestellten Insolvenzverwalter Ludger Westrick wäre ebenfalls
etwas von solch ruhiger Vernunft zu wünschen und die Kraft
zur Selbstüberwindung, einige seiner hektischen ersten Entscheidungen
zu korrigieren, wozu vor allem die abrupte Trennung vom Generalsekretär
Thomas Rietschel zählt. Westrick sollte auch einsehen, dass
sein erster Entwurf für eine neue Musikratssatzung nicht der
Weisheit letzter Schluss sein kann, weil sein Konzept den Musikrat
eben genau dieser zentralen politischen Wirkungsmacht berauben würde,
die seiner Existenz überhaupt erst die übergreifende Legitimation
garantiert.