Es
würde zu weit führen, Ihren medienkritischen Rundumschlag,
der beim Rundfunkorchester beginnt und bei der Quote endet, detailliert
zu kommentieren. Erlauben Sie mir aber bitte einige Anmerkungen
aus der Sicht des Bayerischen Rundfunks.
Die Entscheidung, das Münchner Rundfunkorchester aufzulösen,
fiel keineswegs aus „einer von eigenen, inneren Mechanismen
erzwungenen Lustlosigkeit“, sondern aufgrund der Tatsache,
dass der Bayerische Rundfunk in den kommenden vier Jahren mit einem
Fehlbetrag von 54 Millionen Euro konfrontiert ist. Das wiederum
ist die Folge einer unzureichenden Erhöhung der Rundfunkgebühren.
Dieser elementare Zusammenhang scheint in Ihrem ambitionierten Artikel
leider nicht auf.
Nun mag der schnöde Mammon in den Höhen einer sich mit
Günther Eich und Franz Kafka schmückenden und im Jargon
der Frankfurter Schule argumentierenden Kulturkritik kein zugelassenes
Thema sein. Tatsache ist jedoch, dass sich der Intendant des Bayerischen
Rundfunks berufsbedingt sehr wohl in Niederungen begeben muss, von
denen Sie sich naserümpfend fernhalten dürfen: Am Ende
der Gebührenperiode muss ein ausgeglichener Haushalt vorgelegt
werden. Ich hoffe, Sie nehmen mir nicht übel, dass ich über
Ihren originellen Vorschlag, alternativ zur Auflösung des Rundfunkorchesters
kurzerhand und additiv eine Reihe von neuen Ensembles zu gründen,
ein gewisses Amüsement nicht verhehlen kann.
Nicht recht einleuchten will mir auch, dass Sie die Auflösung
des Rundfunkorchesters mit einem angeblichen „Verfall der
Rundfunklandschaft“ gleichsetzen. Vermutlich liegt hier ein
noch zweites Missverständnis vor. Der öffentlich-rechtliche
Rundfunk ist kein Konzertveranstalter. Sein Auftrag besteht, laut
Rundfunkgesetz, in der „Veranstaltung und Verbreitung von
Programmen“.
Um diesem Auftrag weiterhin gerecht werden zu können, bedarf
es vor dem Hintergrund der verengten Finanzsituation einer Konzentration
auf die programmlichen Aktivitäten. Dazu gehört der Unterhalt
von Klangkörpern nicht – oder nur in zweiter Linie. Genau
das ist der Grund für die schmerzliche Entscheidung, die der
BR zu fällen gezwungen war und die sich in einen umfangreichen
Katalog von Sparmaßnahmen oder korrekter: Leitungsreduzierungen
einfügt. Eine Alternative zur Auflösung des Rundfunkorchesters
wäre allenfalls die komplette Einstellung von Programmen gewesen.
Der Verzicht auf das Rundfunkorchester ist also – selbst
wenn man Ihrer Argumentation folgen würde – kein Symptom
der von Ihnen diagnostizierten Krankheit, sondern im Gegenteil eine
Maßnahme zu ihrer Vermeidung.
Ihre ebenso diffuse wie klischeehafte Darstellung eines verstaubten,
schwerfälligen, reaktionären und nach innen repressiven
öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist im Sinne eines Argumentationsstils,
der sich mit opulenten Formulierungen über Mängel in der
Konsistenz hinweghilft, sicherlich bequem, entspricht der Wirklichkeit
jedoch nicht. Gerade der Bayerische Rundfunk hat in den letzten
drei Jahren ein umfangreiches Veränderungs- und Optimierungsprogramm
absolviert. Ausgehend von Ideen und Verbesserungsvorschlägen,
die an der Basis des BR eingebracht wurden, haben wir unsere Strukturen
und Programme intensiv durchleuchtet und in Frage gestellt. Nur
im Zuge einer konsequenten Modernisierung und Neuausrichtung wird
es dem BR möglich sein, seine originären Aufgaben auch
in Zukunft zu erfüllen.
Unklar ist, wohin Formulierungen wie jene vom Rundfunk als „Fütterungsanstalt
von Millionen von gleich gedachten Ohren und Hirnen“ zielen.
Der Bayerische Rundfunk kann damit wohl ernsthaft nicht gemeint
sein. Eigentlich müssten Sie wissen, dass der BR in Programmen
wie Bayern2Radio, Bayern 4 Klassik oder BR-alpha in besonderer Weise
genau jener Funktion entspricht, die Sie von ihm einfordern.
Andreas Geyer, Leiter Abteilung Kommunikation, Bayerischer
Rundfunk