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nmz-archiv
nmz 2005/09 | Seite 10
54. Jahrgang | September
Cluster
Funk-Krach
Der Rundfunk treibt Blüten – im Zeitalter seines Abgangs.
Neuerdings scheint es durchaus wieder modisch zu sein, die Abflachung
des Kulturniveaus durch braunumrandete Rundfunkgesetze zu legitimieren.
Der Musikchef des RBB (Radio Berlin-Brandenburg), Dr. Christian
Detig, verwies ohne große Umschweife auf Reichspropagandaminister
Joseph Goebbels und zitierte ihn verkürzt: „Das Programm
des Rundfunks muss so gestaltet werden, dass es den verwöhnteren
Geschmack noch interessiert und dem anspruchslosen noch gefällig
und verständlich erscheint. Dabei soll besonderer Bedacht auf
die Entspannung und Unterhaltung gelegt werden, weil die weitaus
überwiegende Mehrzahl aller Rundfunkteilnehmer einen Anspruch
darauf hat, in den wenigen Ruhe- und Mußestunden auch wirklich
Entspannung und Unterhaltung zu finden. Dem gegenüber fallen
die wenigen, die nur von Kant und Hegel ernährt werden wollen,
kaum ins Gewicht.“ Detig ergänzte unvoreingenommen und
neonaiv: „Und ich behaupte mal, das könnte so ohne große
Abstriche jeder ARD-Intendant auch unterschreiben, ich übrigens
auch, ich lasse es aber lieber, denn dieses Zitat stammt von –
bitte anschnallen! – Joseph Goebbels.“ Detig stimmt
dem also zu, alle ARD-Intendanten vereinnahmend. Nur der Name des
Autors lässt ihn noch zurückzucken, aber eben nur aus
vorgeschobenen Gründen einer „political correctness“,
keineswegs aus inhaltlichen.
Wie bitte? Liebe Intendanten der ARD, das lasst ihr auf euch sitzen
oder habt ihr Detig als taktisches Damenopfer vorausgeschickt? Das
Beleidigen von Hörern übt seit einiger Zeit der Hörfunkdirektor
Romann, jetzt lasst ihr einen Musikwellenchef die ideologische Scheißarbeit
machen. Aber was ist zu vernehmen zu dieser Frage in eurem sonstigen
Quoten-Funkkrach? Funk-Stille. Schweigen kann ja so beredt sein.
Alles eine Frage der Zeit, denn vielleicht habt ihr ja bald schon
auch die passende Regierung zu eurem Programm.