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nmz-archiv
nmz 2006/06 | Seite 12
55. Jahrgang | Juni
Nachschlag
Back to the roots
Mauricio Kagel kann sich mit dem geplanten Umzug des „Frankfurter
Traditionsverlages“ C.F. Peters nicht anfreunden (s.
nmz 5/06). Er schreibt einen offenen Brief und verweist auf
alte Bäume, die man nicht verpflanzt. Er muss sich keine Sorgen
machen: im Verlage-Verlegen und Wurzeln-Ausreißen hat Peters
beste Erfahrungen.
Obergärtner Johannes Petschull hat 1950 den damals 150 Jahre
alten Leipziger Traditionsverlag C.F. Peters mit allen Verlagsrechten
und Firmenwerten ins hessische Frankfurt verpflanzt und dort die
Edition Peters GmbH gegründet. Die Leipziger Wurzeln hat er
allerdings im Eifer des Gefechts stehen lassen müssen. Ein
halbes Jahr später übernahm der so genannte Arbeiter-
und Bauernstaat die Pflege des verstümmelten Wurzelfragments
und gründete den VEB Edition Peters. Daraus wuchs über
vierzig Jahre lang dank kompetenter Mitarbeiter und Staatskredite
ein erfolgreicher Verlag, parallel zum Senker im Hessischen. Mit
der Wiedervereinigung Deutschlands im Jahr 1990 stand plötzlich
Gewinnmaximierung auf dem Pflanzplan. 40 Mitarbeiter wurden in Leipzig
im Auftrag Johannes Petschulls entlassen, aus einem blühenden
Verlag wurde ein kümmerlicher Vertrieb. Nur Gewinn versprechende
Komponisten verblieben im Verlagsprogramm. Keiner der angesehenen
Komponisten in West und Ost schrieb offene Briefe.
Ein Vorschlag zur Güte an Carl Grouwet und Nicholas Riddle:
Leipzig bietet hervorragende Bedingungen für Neuansiedler.
Mittelständlern werden beim Kauf einer städtischen Immobilie
25 Prozent des Kaufpreises erlassen, Wirtschaftsförderung wird
nicht weniger als in Berlin groß geschrieben. Leerstehende
Lagerhallen gibt es zuhauf zum Spottpreis. Selbst das aufwändig
res-taurierte ehemalige Gebäude des Musikverlages C.F. Peters
in der Talstraße zehn wartet auf weitere Mieter. Die Nachbarschaft
zur Edvard-Grieg-Gesellschaft, die im Musiksalon auf der Beletage
des Hauses eine deutsch-norwegische Begegnungsstätte schuf,
würde dem Verlag gut zu Gesicht stehen und die Bezeichnung
„Traditionsverlag“ endlich rechtfertigen. Doch die Hauptsache:
Das kulturelle Umfeld stimmt, denn Leipzig ist zugleich auch Dresden,
Halle und das einzigartige mitteldeutsche Musikareal. Ein fruchtbarer
Boden und eine herzliche Atmosphäre, in der sich nicht nur
Sachsen wohlfühlen. Und die Werke Kagels blieben selbstverständlich
im Verlagsprogramm…