Die Freude auf eine geistreich und spritzig formulierte Glosse
auf der ersten Seite der nmz wich mit den Ausführungen A. Kolbs
in der Oktober-Ausgabe einer herben Enttäuschung.
Im einzelnen: Schon der Anfang der Glosse zeigt wenig Tiefgang,
denn M. Trojahns Aussage zum Verlust traditioneller Werte wird nur
als Einstieg genutzt, ohne diese sinnvoller Weise zu vertiefen.
Musikpädagogische Kanonbildung scheint dem Autor suspekt –
stattdessen schwadroniert er über die „Entdeckerlust“
der Jugendlichen und einer damit verbundenen Weiterexistenz Deutschlands
als Kulturnation. Eine rätselhafte, erklärungsbedürftige
Verbindung! Zum Schluss folgen noch ein paar Mutmachsätze für
die engagierten Musikpädagogen. Und die Bundesschulmusikwoche
in Würzburg mit dem Thema „Singen“ werde, so hofft
der Autor, der gebeutelten Basis wieder genug Kraft und Energie
geben.
Bei aller Oberflächlichkeit in der Gedankenführung fordern
die Gedanken Kolbs jedoch zum Widerspruch auf, die thesenartig auf
die (Musik-)Erziehung eingehen: „Erziehung soll Menschen in
die Lage versetzen, Neues zu leisten. Das ist das oberste Lernziel.“
Wie leitet der Verfasser dieses Postulat ab? Wie und wo trifft dieses
– so allgemein formulierte – Ziel in der Musikerziehung
überhaupt zu? Der dann folgende Satz mag eine Erklärung
darstellen, ist aber in jeglicher Hinsicht unseriös und indiskutabel:
„Ob das an Beet-
hoven, den Beatles oder Charlie Parker festgemacht wird, ist zweitrangig.“
Vielleicht sollte Herr Kolb doch einmal wieder Musikunterricht
vor Ort besuchen, um konkret zu erfahren, dass Unterrichtsinhalte
eben nicht beliebig beziehungsweise austauschbar sind und eine Kanonbildung
durchaus musikpädagogischen Erziehungszielen dienlich ist.
Vielleicht sind wir so doch wieder auf dem Wege zu versuchen, dem
Ideal einer Kulturnation gerecht zu werden?