Jedes Jurymitglied, so lesen wir, kannte zahlreiche Konzertprojekte,
die „ausschreibungskonform“ gewesen wären, deren
Veranstalter aber nicht die zeitlichen sowie finanziellen Opfer
auf sich nahmen, um mitzuwirken beim „junge ohren preis 2006“ der
Jeunesses Musicales. Das waren die Klugen. Es hatte geheißen, „mit
der Auszeichnung wollen die Initiatoren Mut machen zu mehr Konzerten
für junges Publikum“ (Jeunesses Musicales Deutschland – Pressemitteilung
1/2007). Sowohl das Ergebnis des Wettbewerbs als auch die Berichterstattung
des Jurymitglieds Arnd Richter waren zu dieser Absicht hochgradig
kontraproduktiv. Der Aufwand für die Teilnahme war hoch. Eine
DVD-Aufnahme des Jugendkonzertes musste produziert werden, für
die Jury und zu Archivierungszwecken, ein Fragebogen zur Projektgestaltung,
der sich zum detaillierten Aufsatz über das Thema Kinder-Konzert,
Konzept, Gestaltung und Vermarktung auswuchs, musste verfasst werden.
Sehr, sehr aufwändig, aber ich dachte, es diene einem hervorragenden
Zweck, nämlich dem Aufbau eines Kinder-Konzert-Netz-Erfahrungsaustausches,
einer Info-Börse. Ich stellte mir vor, man könne künftig
bei den verschiedenen Aufzeichnungen nachschauen und vergleichen,
wie zum Beispiel „Mitmach“-Einlagen oder Ähnliches
gestaltet werden könnten.
Es sei betont: Es handelte sich um einen undotierten Preis – Mitmachen
war also lediglich Ehrensache. Aber mit einem hatte ich nicht gerechnet,
nämlich hinterher angeprangert zu werden! Außer den
beiden Preisgewinnern werden alle Jugendkonzertprojekte in einen
Topf geworfen und pauschal als „kopflastig“ oder als „eine
Anbiederung an die vermeintliche Erlebniswelt von Kindern und Jugendlichen“ oder,
schlimmer noch, schlichter „Klamauk“ beschimpft. Ich
weiß nicht in welche dieser Kategorien mein Konzert für
5- bis 8-Jährige „Mozart – so vielschichtig wie
eine Mozartkugel“ gefallen ist, aber glaubt irgendjemand,
dass diese destruktive Kritik Mut macht, weitere „sogenannte
(!) Kinderkonzerte“ (Arnd Richter) aufzuführen? Gleiches
gilt für Herrn Richters ein klein wenig überhebliche
Feststellung, dass „Projekt-Konzepte entstanden sind, die
in der Regel gut gemeint und auf dem Papier überzeugend dargelegt
sind. Häufig genug scheitert die praktische Umsetzung jedoch…“
Mitzumachen bei diesem Wettbewerb war aber dennoch auch ein erkenntnisreiches
Erlebnis. Ich habe jetzt folgendes gelernt: Nur ein Orchester der
Weltklasse, das über beträchtliche öffentliche Gelder,
Zuschüsse, Sponsoren, Marketingstrategen, eine professionelle
Filmcrew und so weiter verfügt, kann ein halbwegs vernünftiges „sogenanntes
Kinderkonzert“ auf die Beine stellen, alles „unter
Aufbietung nicht unerheblicher Mittel und straffer Logistik“ und
natürlich nur mit Hilfe „eigens qualifizierter Konzertpädagogen“ (merkwürdigerweise
weist Jurymitglied Richter kein einziges Mal auf die Qualität
des Musizierens oder auf die Auswahl der Kompositionen oder den
Programmaufbau hin – das also scheint nicht so wesentlich
zu sein). Das ist für die vielen kleinen Gruppen von idealistischen,
aber nicht weniger hochkompetenten und engagierten Musiker, die
nicht über solche finanzielle und moralische Unterstützung
verfügen, vielleicht ein bisschen entmutigend. Es dürfte
den Verfasser des Berichtes überraschen, dass nicht alle,
die „sogenannte Kinderkonzerte“ aufführen, einzig
und allein auftreten, um „den Damokles-Schwertern von Etatkürzungen
und Fusionen bis hin zu Schließungen“ zu entwischen.
Wir Verlierer brauchen jetzt Vorbilder. Wie herzenserwärmend,
dass auf der folgenden Seite (nmz 2/07, S. 13) ein Bericht über „Little
Amadeus“ gedruckt ist. Seit Anfang des seligen Mozartjahres
verging kaum eine Ausgabe der nmz ohne einen Bericht über „Little
Amadeus“. So haben wir alle vor Augen, wie ein „sogenanntes
Kinderkonzert“ wirklich aussehen sollte. Kein Klamauk, nein.
Oder? Keinerlei „Anbiederung an die vermeintliche Erlebniswelt
der Kinder“. Oder? Höchstens ein bisschen „kopflastig“!
Nicht wahr? Aber warum nicht gleich einen Mickey-Mouse-Kopf mit
süßem Mozartperückchen? Das würde den Niedlichkeitsfaktor
doch noch um ein paar Prozente erhöhen!