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nmz-archiv
nmz 2007/10 | Seite 10
56. Jahrgang | Oktober
Forum
Zusätzliches Instrument als Bereicherung
Stellungnahme zum Leserbrief von Harald
Feller nmz 9/07 zum Artikel „Ohne
Saitenschläge ...“
So sehr ich mich darüber freue, dass ein Hochschullehrer
auf meinen „enormen Raum“ einnehmenden, „äußerst
dogmatischen und wenig sachlichen Artikel“ mit einem Leserbrief
reagiert hat, zeigt dieser doch auch auf, wie man es mittels einleitender
pauschaler Abqualifikation nur anzustellen braucht, sich auf der
Seite der pädagogisch-methodischen Unbeweglichkeit in guter
Traditionseinbettung wähnend weiter räkeln zu können.
Dankbar bin ich Prof. Michael Dartsch, den diese Thematik „zum
Nachdenken gebracht“ und der unter anderem die erweiterte
Fassung dieses Artikels einem Studenten für dessen Diplomarbeit über
Orgelunterricht mit Kindern anempfohlen hat. Auf solchen Pfaden
könnte eine grundsätzliche Diskussion entstehen; mein
Beitrag sollte eben dazu anregen.
In aller Kürze ein paar Bemerkungen zum vorliegenden Leserbrief:
1. Bei allen – zum Teil massiven – Unterschieden des „Anschlages“ (vielleicht
auch nachdenkenswert, ob nicht der heutigen Orgelbau- und Spieltechnik
entsprechend besser der Begriff „Andruck“ adäquater
ist) der Orgeltaste bleibt der Klavieranschlag wegen der total
andersartigen Tonerzeugung der orgelfremde Bewegungsablauf; auch
in Reger-, Widor- und Liszt-Virtuosität gingen bereits klaviertechnische
Betonungsversuche auf der Orgel ins Leere.
Und schnelles Passagenspiel ist wohl auch am besten an jenem Instrument
zu erarbeiten, dem diese Abläufe zugeschrieben sind. Warum
dann ein klaviergeschulter Organist bestimmte Orgelmusik besser
verstehen können soll, ist mir nicht verständlich beziehungsweise
müsste eingehend belegt werden – es sei denn, die Kompositionen
wären nicht arteigen.
2. Die unterschiedliche Manualhöhe, die eingeschränkte
Abstützmöglichkeit fußseits sowie pedalspielbedingte
Drehbewegungen des Körpers sind geradezu Beweis für eine
orgelspezifische Spielhaltung, die logischerweise nur an der Orgel
entwickelt werden kann. Dies gilt auch für den „lockeren
Spielapparat“. Gerade deshalb, weil auch Cembalo und/beziehungsweise
Klavier und Orgel ihre jeweilige technisch-musikalische Eigenständigkeit
längst in der strikten Werkgebundenheit dokumentieren, ist
es so notwendig, endlich den Ausbildungsweg für die Orgel
auch mit der Orgel vom kindlichen Ausgangspunkt an zu bahnen.
3. Ein zusätzliches Instrument ist in der Regel bereichernd,
auch für den Kirchenmusiker neben seinem Hauptfach Orgel.
Da zum Klavierbegleiten in der Chorprobe und zu Vergleichbarem
die Orgelfertigkeiten mehr als genug hergeben, wäre es statt
des Klavierzwanges vor der Orgel doch viel sinnvoller, sich mit
einem Orchesterinstrument, insbesondere einem Streichinstrument
auseinanderzusetzen, dessen Technik und interpretatorische Eigenheiten
zu erfahren für die dirigentische Arbeit mit einem entsprechenden
Klangkörper nicht nur bereichernd, sondern dem Kirchenmusiker
in der Tat Hilfe sein würde.
4. Dass mit dem Cembalo-Hinweis in meinem Beitrag nichts anderes
als die Druckpunkt-Verwandtschaft zur mechanischen Orgel angesprochen
war, dürfte wohl übersehen worden sein.
5. Einigkeit besteht hinsichtlich der Wichtigkeit des guten Lehrer-Schüler-Verhältnisses.
Jedoch kann auch dieses nicht auf Dauer falsche methodische Wege
kaschieren.
Die Einlassungen von Herrn Prof. Feller konnten leserbrief-typisch
den Artikel nur streifen. Es bleibt jedoch dringend erforderlich,
dass sich bald eine umfassende Auseinandersetzung mit der insgesamt
veralteten Orgelpädagogik entwickeln wird.