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1999
48. Jahrgang
Ausgabe 06
Juni (Inhalt)

© nmz und
autoren 1999

  nmz - neue musikzeitung

Neue Musik

Seite 31

Autor:
Friederike Haufe

 

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Pianistin befragt Pianistin

Friederike Haufe trifft Edith Kraus in Jerusalem

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Friederike Haufe führten zwischen Oktober 1997 und Oktober 1998 drei Konzertreisen nach Israel und in die palästinensischen Autonomiegebiete.

Dabei traf sie im Mai 1998 das erste Mal mit Edith Kraus in Jerusalem zusammen und war so fasziniert von der Persönlichkeit, der künstlerischen Aussagekraft und dem bewegten Leben dieser großen alten Dame des Klavierspiels, daß sie ihre dritte Reise im Oktober 1998 für ein Gespräch nutzte.

Edith Kraus gilt international als Spezialistin für die Werke Ullmanns und die tschechische Klaviermusik. Sie wurde 1913 als Tochter tschechischer Eltern in Wien geboren und wuchs in Karlsbad auf. Dort erhielt sie ihren ersten Klavierunterricht im Alter von sieben Jahren, nachdem sie bereits zwei Jahre ohne Anleitung alle Stücke ihrer um sieben Jahre älteren Schwester aus dem Gehör nachgespielt hatte. Als Wunderkind geltend spielte sie verschiedenen Musikgrößen des damaligen Musiklebens vor, so auch Alma Mahler, die Edith Kraus nach Wien vermitteln wollte. Daraus wurde nichts, denn Leo Blech, Dirigent der Kroll-Oper Berlin – „also jeder wußte, wer Leo Blech ist, zu meiner Zeit“ –, hörte sie und schrieb einen Brief an Franz Schreker, Direktor der Berliner Musikhochschule. In diesem Brief schrieb Blech: „ich glaube, ich tue Dir und Deiner Schule einen Gefallen, wenn ich Dir diese große Begabung schicke.“ Einer der renommiertesten Lehrer der Berliner Hochschule war Artur Schnabel. Edith Kraus war gerade dreizehn Jahre alt, fuhr nach Berlin und spielte Schnabel vor. Er war bereit sie zu nehmen, das erste Jahr noch als Privatschülerin, ein Jahr später wurde sie seine jüngste Studentin.

Zusammen mit ihrem Mann wurde Edith Kraus 1942 nach Theresienstadt deportiert. Dort war sie bis zur Befreiung des Lagers eine der erfolgreichsten und aktivsten Pianist(inn)en. Was diese grauenvolle und jahrelange Inhaftierung für unheilbare Wunden hinterlassen hat, läßt sich nicht einmal erahnen. Dennoch antwortet Edith Kraus auf die Frage, was Theresienstadt für ihren künstlerischen Werdegang bedeutet hat: „Das will ich Ihnen sagen: Nirgends auf der Welt geht man montags in ein Büro und bekommt sein ganzes Wochenprogramm. Montag spielst du da, Dienstag spielst du dort; die ganze Woche war ich mit Konzerten beschäftigt. Das hat mir natürlich sehr über die Zeit hinweggeholfen, ich konnte täglich eine Stunde üben, später sogar zwei, je mehr Klaviere da waren.“ Ein zweistündiges Übepensum reichte dieser außergewöhnlichen Pianistin aus, um täglich, mit wechselnden Programmen, konzertieren zu können. Sie übte auch ohne Klavier, im Kopf, auf ihrer Lagerstatt oder auf einer Bank im Hof. Und sie resümiert: „Diese Stücke sitzen am besten, da sie nicht mechanisch gelernt wurden.“

In Theresienstadt lernte sie Viktor Ullmann kennen. Er bat sie, seine sechste Sonate uraufzuführen. Nach ihrer Befreiung (Ullmann wurde 1944 in Auschwitz ermordet) spielte sie die übrigen seiner Sonaten und nahm fünf davon auf. Mit ihrem zweiten Mann und ihrer Tochter wanderte Edith Kraus 1949 nach Israel aus, getrieben von dem Wunsch, irgendwo in Frieden leben zu können. Ein Wunsch, der bis heute noch nicht in Erfüllung gegangen ist. Seitdem betritt sie nicht mehr deutschen Boden.

1957 folgte Edith Kraus einem Ruf als Professorin für Klavier an die Musikakademie Tel-Aviv. Gefragt, ob die Künstlerin sich selber als eine der letzten Vertreterinnen der sogenannten „deutschen Schule des Klavierspiels“ einschätzt, wiederspricht sie vehement. Denn sie glaubt, Vertreter dieser Schule seien Pianisten gewesen, die mehr Wert auf echte Musikalität und Werktreue und weniger auf Virtuosität legten: „Ich glaube nicht, daß das ausstirbt. Denken Sie an den Briten Solomon oder an Murray Perahia.“

Friederike Haufe

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