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nmz-archiv
nmz 2001/03 | Seite 14
50. Jahrgang | März
Initiative
Konzerte für Kinder
Väter einer stiefmütterlich behandelten Gattung
Der 2. Kinderliedkongress lädt zu Begegnung, Austausch und
Diskussion ein
Kindermusik ist in den Medien unterrepräsentiert, und wenn
sie doch vorkommt, dann mit den Stars, die jeder kennt. Rolf Zuckowski,
Fredrik Vahle, Detlev Jöcker (siehe das Porträt
S. 16) und einige wenige mehr. Stars, die das neue deutsche
Kinderlied in den 70er-Jahren geboren haben und sich darum bemühen,
das Ansehen der gesamten Kindermusikszene zu stärken.
Ein erster konzentrierter Ausgangspunkt für dieses Bestreben
war der Kinderliedkongress des Vereins KinderKinder im Jahr 1998.
Der Kongress findet in diesem Jahr zum zweiten Mal statt: vom 8.
bis 11. November in den Räumen der Staatlichen Jugendmusikschule
Hamburg, die für den Kongress mit KinderKinder zusammenarbeitet.
Für die Kindermusikszene war der erste Kongress ein einschneidendes
Ereignis. Fast drei Jahrzehnte war das neue deutsche Kinderlied
alt, trotzdem hatte es bis dahin noch nie einen zentralen Austausch
unter den Musikern gegeben. Ein großes gemeinsames Forum existierte
nicht. Zwei der bekanntesten Liedermacher dieser Szene in Deutschland,
Rolf Zuckowski und Fredrik Vahle, waren sich bis dahin noch nicht
ein einziges Mal begegnet Beleg dafür, dass ein solcher
Kongress allein aus Netzwerk-Gesichtspunkten überfällig
gewesen ist. Ein Netzwerk, das nicht nur Liedermacher, sondern auch
Journalisten und Verleger, Pädagogen und Promoter verbindet.
Warum ist ein Austausch in so einem Netzwerk wichtig? Es
gibt eine vielfältige Kinderliedermacherszene in Deutschland.
Kinderliedermacher kommen aus sehr unterschiedlichen weltanschaulichen
und musikalischen Richtungen, verfolgen jedoch zum Teil sehr ähnliche
pädagogische Intentionen, schreibt Fredrik Vahle, gedanklicher
Vater des Kongresses. Diese Liedermacher sollten sich über
ihre künstlerische und pädagogische Arbeit austauschen.
Denn das ausgerechnet diese elementare Form der Musik ein Randdasein
fristet und was die pädagogisch und kulturell wertvolle
Musik angeht: nach wie vor fristet widerspricht der zentralen
Rolle dieser Musik.
Pädagogen beklagen zunehmend, wie sehr das Singen bei Kindern
vernachlässigt wird. Gleichwohl wird das Kinderlied immer populärer.
Kinderliedermacher erreichen ein immer größeres Publikum.
Trotz solcher Erfolge und trotz der anspuchsvollen Arbeit steht
Kindermusik noch immer am Ende der literarischen und musikalischen
Prestigeskala. Unberechtigterweise, denn es muss gefragt werden,
ob diese Form der Literatur und der Musik, durch die die meisten
Menschen Literatur und Musik überhaupt erst kennen lernen,
weiterhin so stiefmütterlich behandelt werden soll, klagte
Vahle im Vorlauf des ersten Kongresses, wo doch schon Enzensberger
erkannt habe, dass das Kinderlied die prima poesis eines
jeden Menschen sei.
Der erste Kinderliedkongress hat eine Grundlage dafür geschaffen,
dass diese prima poesis in der Öffentlichkeit ihren
Stellenwert bekommt. 150 Personen aus den verschiedensten Bereichen,
die alle mit Kindern und für Kinder arbeiten, haben sich in
Hamburg getroffen.
Bis heute ist es nicht nur bei dem Austausch geblieben. Der Kongress
hat wesentliche Ziele erreicht: Eine Genossenschaft, die qualifizierte
Rechtsberatungen in Urheberfragen für Kinderliedermacher geben
soll, ist im Aufbau, Kindermusiker und Kindermusikerinnen haben
sich auf der Website www.kindermusik.de zusammengeschlossen
ausschlaggebender Impuls dafür war der Kongress. In mehreren
Städten sind danach KinderliedFeste veranstaltet worden, unter
anderem in Berlin, Marburg, Dortmund, Kiel und Nürnberg.
KinderKinder ist auch der Veranstalter des zweiten Kinderliedkongresses.
Der Verein ist ein Zusammenschluss von Schauspielern, Theatermachern,
Musikern, Pädagogen und Journalis-ten, die sich für die
Förderung von Kinderkultur einsetzen.
Der erste Kongress hat diese Förderung weit vorangetrieben,
auch der zweite wird es tun. Wieder wird es Workshops und Diskussionen
geben, außerdem zahlreiche Kinderkonzerte in ganz Hamburg
und eine abschließende Gala mit Kindermusik für Erwachsene.
Die Workshops werden sich um künstlerische Fragen aller Art
kümmern, auch um die Arbeit mit den Medien, berufsständische
Probleme und Rechtsfragen. Da beim ersten Kongress Vertreter aus
den neuen Bundesländern kaum präsent waren, erhofft sich
der Veranstalter nun neue Impulse aus diesen Regionen.