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nmz-archiv
nmz 2001/06 | Seite 12
50. Jahrgang | Juni
Forum
Kultur in den Händen der Schule
Zum Leitartikel Becken-Bauer, nmz 4/01, S. 1
Ihr Artikel Becken-Bauer in der letzten
nmz-Ausgabe kann nicht unwidersprochen bleiben. Er beklagt zwar
im Zusammenhang mit der Beurteilung der Aktion Schule braucht
Musik die Misere der klassischen Musik, zieht aber daraus
meines Erachtens die falschen Schlüsse.
Nach Übersetzung in allgemein verständliches Deutsch ergibt
sich aus Ihrem Artikel ein Bild, das vor allem Kritik an den Institutionen
übt, die sich mit großem Engagement für den langfristigen
Fortbestand der klassischen Musik einsetzen. Dafür aber fehlt
jeder Hinweis auf die eigentlichen Ursachen für das wachsende
Desinteresse vieler Menschen an klassischer Musik.
Hier seien nur drei Gründe genannt:
Trennung von U- und E-Musik in den letzten 100 Jahren sowie
die Entstehung einer zeitgenössischen Musik, die weitgehend
am Rezeptionsbedürfnis des Hörers vorbeigeht und überwiegend
von öffentlichen Subventionen lebt. Dazu kommt eine Fachwelt,
die jede Art von Popularität in den Bereich der Unterhaltung
verbannt. (Die Extremisten tun dies sogar mit Komponisten wie
Rachmaninoff.)
Für Punkt 2 steht Ihr Artikel: Anstatt gemeinsam ein Problem
in Angriff zu nehmen, werden Einzelheiten von Initiativen anderer
kritisiert. Dabei wäre es an der Zeit, dass sich Medien und
Organisationen gegenseitig unter Verzicht auf Eigenprofilierung
unterstützten. Vielleicht ist eine konzertierte Aktion
aller Beteiligten gefragt, die verschiedenste Maßnahmen
bündelt und koordiniert (...und sie dann der Öffentlichkeit
allgemein verständlich darstellt!).
Steigende Schwellenangst der jüngeren Generation vor der
Klassik.
Auch an dieser Erscheinung ist die Musikszene in hohem Maße
selbst schuld. Die Musik muss zur Emotionalität zurückfinden.
Nur eine lebendige Musik lässt sich Jugendlichen und Kindern
vermitteln. In diesem Zusammenhang ist es besonders zu begrüßen,
dass sich an den Aktionen in den Schulen eine Reihe von bekannten
Musikern beteiligt haben. Dies wurde von Ihnen leider nicht erwähnt.
Die Aktion der Deutschen Phonoakademie Schule braucht Musik
setzt also genau dort an, wo es am wichtigsten ist. Da Anregungen
durch das Elternhaus und durch Hausmusik selten geworden sind, liegt
die Verantwortung für die Weitergabe unserer Kultur überwiegend
in den Händen der Schule, auf die man aber nicht alle Aufgaben
abwälzen sollte. Deshalb ist jede Aktion, die die Schulen in
ihrer Aufgabe unterstützt, mit allen Mitteln zu fördern.
Wenn wir erreichen wollen, dass der Musikunterricht in den Schulen
intensiviert wird, muss sich vor der Öffentlichkeit etwas bewegen.
Nur dann sehen die Politiker den von uns gewünschten Handlungsbedarf.