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nmz-archiv
nmz 2001/10 | Seite 50
50. Jahrgang | Oktober
Dossier: Musik -
Neue Medien - Bildung
Musikalischer Ertrag und kreative Eigenleistung
Die Initiative InfoSchul bringt die Neuen Medien auf vielfältige Weise in den Unterricht
Kennzeichen erfolgreich funktionierender Vernetzungen ist es, dass man kaum über sie berichten kann, ohne
ständig auf damit Zusammenhängendes zu verweisen. Um eine Verwirrung innerhalb der Netzfäden
zu vermeiden also zunächst einmal soviel: Vieles in diesem Dossier ist auf die eine oder andere Weise mit
InfoSchul eben einer solchen erfolgreichen Vernetzung verbunden.
Auch beim Einstudieren von Chorwerken kann das elektronische Equipment
von Nutzen sein. Foto: Joachim Kocsis
Als Sonderfördermaßnahme Nutzung elektronischer und multimedialer Informationsquellen in Schulen
1997 ins Leben gerufen, schließt diese Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung
(BMBF) mittlerweile über 500 allgemein bildende und berufliche Schulen der Sekundarstufe II sowie Studienseminare
zu einem Verbund zusammen. Seit dem Schuljahr 2000/2001, dem Beginn der Förderphase InfoSchul II werden
einzelne Schwerpunkte von so genannten federführenden Schulen aus koordiniert, im Falle der Musikprojekte
von der Regensburger Fachakademie für katholische Kirchenmusik und Musikerziehung, die den Regensburger
Kongress Musik Neue Medien Bildung organisiert und von Andreas
Kolb auf Seite 51 unseres Dossiers porträtiert wird. Sie sorgt koordinierend und beratend dafür,
dass erfolgreiche Anwendungen neuer Medien im Musikunterricht aus den vorangegangenen Jahren an mehreren Schulen
übernommen und weiterentwickelt werden.
Zwei Beispiele dafür werden in unserem Dossier ausführlich vorgestellt: die schulübergreifend
entwickelte Internet-Musikzeitschrift Mu-Zine.NET
(siehe oben) und das RocknRoll-Projekt am Heidenheimer
Werkgymnasium (siehe S. 47). Erinnert sei außerdem an das Musical Streetkids, dessen Entstehung
am Gymnasium Allestraße, Siegburg, auf Seite 22
der Ausgabe Dezember/Januar 2001 der neuen musikzeitung von Volker Caspari dokumentiert worden war.
Ein Blick auf weitere musikalische InfoSchul-Aktivitäten zeigt, dass es darauf ankommt, den Einsatz der
elektronischen Medien in ein sinnvolles Verhältnis zum musikalischen Ertrag, zur kreativen Eigenleistung
der beteiligten Schülerinnen und Schüler zu setzen.
Das Medium selbst kann beim Endergebnis dabei sogar relativ weit in den Hintergrund treten, wie das Beispiel
des Parsberger Gymnasiums zeigt. Ziel der multimedialen Aktivitäten war hier die Erarbeitung und Aufführung
eines Klassikers der Savoy Opera, des Mikado von Gilbert und Sullivan. Gerade die Tatsache, dass
diese spezifisch englische Spielart des Musiktheaters jenseits des Ärmelkanals nie recht Fuß fassen
konnte, reizte den Mathematik-Lehrer und Leiter des Schulchores Walter Hansch, ein solches Stück einmal
zumindest konzertant zur Aufführung zu bringen. Die Vorarbeiten waren vielgestaltig, ebenso
die Möglichkeiten, elektronische Hilfsmittel heranzuziehen. Als ergiebiger Ausgangspunkt der Recherche
erwies sich dabei eine amerikanische Mikado-Internetseite (mit der komplizierten Adresse: http://math.boisestate.edu/GaS/mikado/html/mikado.html).
Übers Internet entstand auch der Kontakt zu einem Pianisten, der die komplette Begleitung auf einem MIDI-Keyboard
einspielte, die Basis für das Einstudieren der Gesangsstimmen, das die beteiligten Schülerinnen und
Schüler auf diese Weise selbstständig zu Hause vornehmen konnten.
Das von den Mitgliedern des Parsberger Gymnasialchors mittels Kassetten-Aufnahmen schon lange praktizierte
Vorbereiten der eigentlichen Probezeiten konnte so durch die flexibler einzusetzenden MIDI-Dateien erheblich
erleichtert werden. Am Ende des Unternehmens stand aber nicht nur eine erfolgreiche Aufführung des Mikado,
die der Chor gemeinsam mit Solisten des Vokalensembles Cantaloupes bestritt, sondern auch eine Einspielung
in deutscher und englischer Sprache sowie die Vorbereitung einer CD-ROM, auf der die Recherche-Ergebnisse und
das Projekt als Ganzes präsentiert werden sollte (siehe auch die Homepage www.projekt.w-hansch.de).
Ganz anders die Ausgangslage bei einer gemeinsamen Aktion der beiden Verbundschulen aus Heidenheim und Ellwangen:
Hier ging es um den kritischen Netzblick, also darum, den überbordenden und gerne auch mal in seichtem
Gewässer dümpelnden Informationsfrachter Internet prüfend zu durchleuchten. Und weil sportlich
aufgefasste Konkurrenz auch den Schulalltag beleben kann, wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben für die am
besten präsentierte und begründete Rangfolge von MP3-Seiten im Netz. Kriterien waren der allgemeine
Aufbau der Seiten, die grafische Qualität, das Angebot an verfügbaren Stücken, zusätzliche
Inhalte wie Links oder Werbung sowie Übersichtlichkeit und Handhabung. Das Ergebnis dieser Evaluation sollte
seinerseits in html-Form aufbereitet und entsprechend präsentiert werden.
Aber auch bis in den Bereich eigener kompositorischer Aktivitäten reichen die im Rahmen von InfoSchul eingeschlagenen
Wege in Sachen Musik und neue Medien. An der Frankfurter Ziehenschule etwa führten Schülerinnen und
Schüler einen Kompositionsauftrag nach dem Vorbild von György Ligetis Poème Symphonique
für 100 Metronome aus, und am Peutinger Gymnasium in Ellwangen beschäftigte man sich in Anlehnung
an Steve Reichs Different Trains schöpferisch mit Kompositionsverfahren der Minimal Music.
Die Besonderheit all dieser Projekte liegt, wie eingangs angedeutet, am hohen Grad der internen Vernetzung.
Das heißt, jede Schule profitiert von der Kompetenz des ganzen Verbundes, es werden Ideen, Konzepte und
Verfahrensweisen untereinander ausgetauscht, weiterentwickelt und verfeinert, so dass mit der Verbreitung der
InfoSchul-Idee in die Fläche immer auch ein Gewinn an Qualität verbunden ist.
Bleibt zu hoffen, dass auch nach dem Aufstieg der Regensburger Kirchenmusikakademie zur Hochschule
und ihrem damit verbundenen Ausstieg aus dem InfoSchul-Verbund im Jahr 2002 die musikalisch-medialen Ideen in
möglichst viele Schulen zur Belebung und Vertiefung des Unterrichts weitergetragen werden.
Juan Martin Koch
Über erfolgreiche Anwendungen der InfoSchul-Methode im Bereich Musik Literatur
Kunst informiert auch die Fachtagung am 4. und 5. Oktober in Regensburg, die einen Teil ihres
Programms mit dem Kongress Musik Neue Medien Bildung gemeinsam bestreitet. Ausführliche
Informationen unter: