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nmz-archiv
nmz 2002/02 | Seite 10
51. Jahrgang | Februar
Forum
Das Wir steht für die polis
Zu den Leserbriefen in der nmz 12/01-01/02
In welch schiefem Verhältnis steht eigentlich die Komponistenzunft zur demokratischen Gesellschaft, wenn
ein bewusst persönlich gehaltener und vorsichtig tastender Aufsatz, mit dem ein Kollege auf ein Weltereignis
reagiert, solche Gereiztheit auslöst? Die Zuschriften von Friedrich und Boehmer zeichnen sich durch bedenklich
undemokratische und anti-zivilgesellschaftliche Affekte aus.
Mir zu unterstellen, ich spräche für die Künstler oder die Komponisten,
ist eine groteske Verdrehung meines Textes. Das Wir steht nicht für die Komponisten,
sondern für die polis, in der wir alle trotz Atomisierung leben. Wie obskurantistisch muss man sein, um
so etwas Selbstverständliches misszuverstehen? Claus Spahn hat in seiner Donaueschingenkritik den weltvergessenen
Neue-Musik-Zirkel scharf angegriffen. Sich zu äußern, und man freue sich über jeden, der es
tut, ist ein Mittel, diese Weltvergessenheit zu durchbrechen. Nur ein freies, Zensur-freies Denken bringt uns
weiter. Das hatte Jacques Derrida in seinem grandiosen Vortrag zur unbedingten Universität
im Sinn.