Anouar Brahem: Le pas du chat noir; Anouar Brahmen, Oud;
François Couturier, Klavier; Jean-Louis Matinier, Akkordeon.
ECM 1792 (016373-2)
Stille musikalische Welten zwischen arabischem Melos (unison, heterophon),
impressionistischem Farbgefühl und einem eindrücklichen Gefühl
für Weite. Der Tunesier Brahem lässt sich nicht einordnen, er
singt vor sich hin, lauscht jedem freigelassenen Ton, er demonstriert nicht,
er lebt mit all seinen Sinnen in seiner einsamen und zugleich Nähe
suchenden Musik.
Iannis Xenakis: Anastenaria; Troorkh; Aïs; Mike Svoboda,
Posaune; Spyros Sakkas, Bariton; Sylvio Gualda, Schlagzeug; Symphonieorchester
des BR, Charles Zacharie Bornstein, Peter Rundel, Michel Tabachnik.
col legno WWE 1 CD 20086
Mitschnitte bei Münchner „musica-viva“-Konzerten. In
allen drei Werken wird die elementare und eruptive Lautäußerung
als generierende Inspirationsquelle für Xenakis ganz unmittelbar kenntlich.
Musik voller pulsierender und normüberschreitender Energie, die ihre
Wurzeln in der attischen Tragödie hat. Die hier dokumentierte Erstaufführung
der gesamten Werktrilogie „Anastenaria“ (mit „Metastaseis“
als Schlussstück), die 1952-1954 entstand, gibt erhellende Einblicke
in ästhetische Entwicklungsprozesse des großen Komponisten.
Helmut Lachenmann: Ein Kinderspiel; Wiegenmusik; Guero; Echo andante;
Serynade; Mario Formenti, Klavier.
col legno WWE 1 CD 20222
Obwohl Helmut Lachenmann keineswegs ein Klavierkomponist ist (allein seine
Scheu vor präformierten Erwartungshaltungen gebot dies bis jetzt),
decken seine vorantastenden Arbeiten für dieses Instrument lückenlos
einen weiten schöpferischen Prozess von nunmehr fast vierzig Jahren
ab. Eine Konstante gibt es: die Resonanz. Und so wie Mario Formenti mit
sinnlicher Emphase und intellektueller Energie das Klavier nach innewohnenden
Schwebungen abklopft und abtastet, begibt sich der Hörer auf einen
faszinierenden Spürgang. Musik: neu empfunden, neu erfunden, neu gehört.
Yorck Höller: Five Pieces for Piano; Diaphonie for 2 Pianos;
Klaviersonaten 1 und 2; Partita for 2 Pianos; Kristi Becker, Pi-hsien
Chen, Klavier.
CPO 999954-2
In seinen Klavierwerken lässt York Höller (geboren 1944) ganz
spontan und vor allem unerhört souverän stilistischen Ebenen freien
Lauf. Der Hommage-Charakter (Bezüge zu Bartók, Liszt und Bernd
Alois Zimmermann werden in den Titeln explizit genannt) und auch die Collagen
geben Profile vor, die mit energetischer Tiefenschärfung nachgezeichnet
werden. Exzessiv gespannte und spannende Klaviermusik!
Valentin Silvestrov: Metamusik; Postludium; Alexei Lubimov,
Klavier; Radio Symphonieorchester Wien, Dennis Russell Davies
ECM 1790 (472081-2)
Der Ukrainer Silvestrov ist einer jener sowjetischen (und nach-sowjetischen)
Komponisten, die aus der empfundenen ästhetischen Enge des sozialistischen
Realismus heraus ganz neue Zugänge zu Spiritualismus, zum Geheimnis
schöpferischen Daseins, entwickelten. Ganz aus diesem Geist heraus
entstand 1984 das eruptive und letzlich sublim verschwebende „Postludium“,
dem mit der „Metamusik“ von 1992 ein fast 50-minütiger
Koloss, gewissermaßen als gewaltige und gewaltsame Unersättlichkeit
des Loslassens, folgte. Wunderbar gespielt!