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nmz-archiv
nmz 2002/12 | Seite 1
51. Jahrgang | Dez./Jan.
Leitartikel
Extrablatt
Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben… und so
weiter! Als sich immer deutlicher abzeichnete, dass der Deutsche
Musikrat gezwungen sein würde, wegen seiner Verschuldung und
dadurch bedingter Zahlungsunfähigkeit den gesetzlich vorgeschriebenen
Insolvenzantrag zu stellen, unterbreitete die neue musikzeitung
dem Generalsekretariat des Musikrates den Vorschlag, mit einer Sonderausgabe
der nmz auf die bedrohliche Situation zu reagieren. In der Ausgabe
bekundeten zahlreiche Persönlichkeiten des Musiklebens ihr
Erschrecken über die Nachricht und forderten, alles Notwendige
zur Erhaltung des Deutschen Musikrates zu unternehmen. Nicht weniger
wichtig aber waren die Beiträge, die sich mit der Zukunft des
Musikrates beschäftigten, die Vorschläge vor allem für
eine Strukturreform unterbreiteten, die dem Musikrat künftig
eine effektivere Arbeitsweise sichern soll. Das mit einer Auflage
von 50.000 Exemplaren erschienene „Extrablatt“
wurde durch eigens eingeworbene Inserate finanziert. Nach Abzug
der reinen Produktionskosten blieb aus den Anzeigenerlösen
noch ein schöner Überschuss übrig, der zu gegebener
Zeit mithelfen soll, den Musikrat zu sanieren.
Das alles wird hier deshalb erwähnt, weil in der Musiköffentlichkeit
von einzelnen Personen oder auch Institutionen der Verdacht ausgestreut
wurde, die neue musikzeitung sei wohl eine Publikation des Musikrates
– von weitergehenden Verdächtigungen ganz zu schweigen.
Die nmz hat in der Vergangenheit die Arbeit des Musikrates oft sehr
kritisch begleitet, auch den offenen Konflikt mit Präsidium
und Generalsekretariat nicht gescheut. Anlass für solche kritischen
Attacken boten oft die Organisationsformen und die internen Praktiken
im Musikrat – das alles ist im Archiv nachzulesen. Die Defizite
in der „inneren Führung” des Deutschen Musikrates
haben letztendlich zu dem Desaster geführt, über das sich
niemand freuen kann, auch die nmz nicht.
Die neue musikzeitung ist nicht die „Musik-Rat-Zeitung“,
nur weil sie sich in diesem Katastrophenfall aktiv an der Rettung
beteiligt hat. Sie will auch nicht das alte Missmanagement retten,
sondern die Institution Musikrat, die für das Deutsche Musikleben
gerade in diesen Zeiten allgemeiner Kulturdemontage unverzichtbar
ist. Die „unfrommen Verdächtigungen böser Nachbarn”
lassen sich auf diesem Hintergrund gut ertragen. Wichtig ist nur
die „Rettung“. Das Gespräch mit dem Insolvenzverwalter
Ludger Westrick, das wir auf Seite
3 veröffentlichen, signalisiert, mit gebotener Vorsicht
natürlich, dass das „Rettende” zu wachsen scheint,
wozu auch zählt, dass die öffentlichen Zuschussgeber sich
inzwischen bereit erklärten, die Förderungsgelder für
die laufenden Musikratsprojekte (Jugend musiziert, Bundesjugendorchester,
Wettbewerbe etc.) auszuzahlen. Das „Prinzip Hoffnung“
darf beschworen werden.