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nmz-archiv
nmz 2003/7-8 | Seite 4
52. Jahrgang | Jul./Aug.
Cluster
1,85 Euro für Kultur
Die öffentlich-rechtlichen Sender haben bei der Kommission
zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) für
das Jahr 2005 ihren Bedarf angemeldet. An die gestiegenen Kosten
angepasst wollen ARD und ZDF ab 2005 monatlich 1,85 Euro mehr kassieren,
das macht eine Steigerung der Gebühren von elf Prozent aus.
Der gesetzlich verankerte und staatsferne Werdegang sieht nun vor,
dass die KEF den Antrag zunächst prüft – das will
sie bis Jahresende auch tun – und dass im nächsten Schritt
die Länder beraten, ob die Bedarfsanmeldung sozial verträglich
ist.
Erst dann entscheiden die Länder, ob und um welche Summe der
Gebührenzahler mehr belastet wird. Nun gibt es einige Politiker,
die die Reihenfolge dieses Verfahrens über den Haufen werfen
wollen. Stoiber (CSU) und Steinbrück (SPD) wollen am liebsten
sofort eine Nullrunde bis 2008 verordnen, Söder (CSU) und Oettinger
(CDU) geben den Rundfunkanstalten die absurdesten Ratschläge,
wie diese zu Geld kämen. So wurde eine Diskussion über
die Subventionierung deutscher Rundfunkorchester in Gang gesetzt,
die so weit reicht, dass mittels so genannter Synergieeffekte einzelne
Orchester – im Rundfunkjargon Klangkörper – aufzulösen
sind. Oder dass zumindest die Bereitschaft der Rundfunkorchester
befördert werden soll, ihren Dienst auf kommunale Theater auszuweiten.
Ohne zu bedenken, dass dies vielleicht die Auflösung von Theaterorchestern
bedeutet…
Dann lieber doch 1,85 Euro mehr im Monat. Kein kulturinteressierter
Bürger dürfte etwas gegen eine moderate Gebührenerhöhung
haben, wenn die Gelder seinen Interessen angepasst Verwendung fänden.
Wenn sich die öffentlich-rechtlichen Sender ihres Grundversorgungsauftrages
bewusst würden. Und hier sind nicht nur 3sat, Arte und die
Kulturwellen der Radios gemeint. Auch die dritten und das Hauptprogramm
von ARD und ZDF sollten keine Scheu vor Bildung, seriöser Informationspolitik
und Kulturberichterstattung haben. Kein Programm der Öffentlich-rechtlichen
sollte nur auf Quote schielen und die demographische Entwicklung
in Deutschland unberücksichtigt lassen. Hier einen Kontrollmechanismus
über die Verwendung von Geldern einzuführen, wäre
nicht der verkehrteste Ansatz. Für jeden Gebührenzahler
sollte es nachvollziehbar sein, ob sein Geld in eine Produktionsfirma
von Carmen Nebel fließt oder eine Scheidung Oliver Kahns finanziert
wird. Dann lieber doch Kultur!