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nmz-archiv
nmz 2005/10 | Seite 1
54. Jahrgang | Oktober
Leitartikel
Vernunft-Ehe?
Da schau her: Den
Leitartikel der aktuellen nmz hat der Generalsekretär des Musikrates,
Christian Höppner, geschrieben – und gleich wird
der Herausgeber hier die Warschauer Aktivitäten der „DMR-Projekt-gGmbH“
preisen. Ist da ein neuer Schmusekurs ausgebrochen? Keineswegs.
Als unabhängige Musik-Fachzeitschrift nehmen wir uns nur heraus,
die Geschicke des unserer Ansicht nach wichtigsten Dachverbandes
für Musikbelange zu beobachten und zu begleiten. Dazu nutzen
wir die uns zugänglichen Informationswege und sind betrübt,
wenn, wie gerade geschehen, ausgerechnet die offiziellen aus uns
unklaren Gründen verstopft werden (siehe
Seite 15).
Schluss mit traurig. Eine Erfolgsgeschichte ist zu erzählen,
nmz-Konventionen zuwiderlaufend mit Namensnennungen, um dem gelungenen
„Netzwerk“ das menschliche Gesicht zu geben: Vor fünf
Jahren startete Hannelore Thiemer, damals zuständig für
alle Belange zeitgenössischer Musik und fürs „Musikforum“,
ein deutsch-polnisches Begegnungs-Projekt. Von Beginn an mit dabei:
Das Siemens Arts Programm (Michael Roßnagl, Jens Cording)
und die GEMA (mit feiner Starthilfe von Reinhold Kreile, dann als
Hüter der Kontinuität Hans Herwig Geyer und Rudi Oeller).
Auf drei Ebenen begann eine behutsame Kontakt-Aufnahme. Zunächst
im Programm-Bereich durch Kooperationen mit dem gerade wieder sich
konsolidierenden Warschauer Herbst. Hier kamen, auch in Form von
Kompositionsaufträgen, Medienpartnerschaften zu Deutschland-Funk
(Frank Kämpfer) und Deutschland-Radio (Rainer Pöllmann)
bestens zur Wirkung. Als Praxis-Feld entstand wenig später
die deutsch-polnische Musikwerkstatt, ein bilaterales Spezial-Ensemble
für alles Experimentelle, das in eine alljährliche, von
Kritikern zunehmend gelobte Qualität fand (siehe
Seite 9).
Natürlich als härteste Nuß erwies sich der so
genannte offizielle Rahmen, die Verlinkung von musikinstitutionellen
und kulturpolitischen Playern. Riesengroß die organisatorischen
Unterschiede, die Kommunikation stets durch „Lost-in-Translation-Effekte“
bedroht, trotz sorgfältigster Simultanübersetzungen. Es
trafen eben auch unterschiedliche Gesprächs-Kulturen aufeinander
– politisch-historisch stark vorbelastet. Umso beachtlicher
die Ergebnisse der geduldigen Beziehungs-Anbahnung: Im Rahmen des
diesjährigen Treffens konnte der Präsident des Bremer
Musikrates, Ernst Folz, ein erstes umfassendes Kooperationsabkommen
mit seinem Danziger Marschallamts-Partner unterschreiben. Verträge
mit weiteren Bundesländern zeichnen sich ab.
Vorausgegangen war ein offener Informationsaustausch, in dessen
Rahmen Norbert Pietrangeli (DMR-gGmbH) in seinen Referaten über
Verbands-Controlling und -Strukturen ebenso beste Fundamente legte
wie Dolf Rabus mit seinem Panorama der deutschen Musikakademie-Landschaft,
Matthias Pannes bei seinem Blick auf das Musikschulwesen oder Hans
Herwig Geyer in einer Tour d´horizon über europäische
Identitäts-Kämpfe und Vernunft-Ehen. Fazit: Ein Musterbeispiel
für gelungene Außenpolitik. Danke auch, Hannelore Thiemer.