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nmz-archiv
nmz 2008/03 | Seite 6-8
57. Jahrgang | März
Magazin
nmz fordert Stellungnahmen ein
Zum Schlussbericht der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“
„Dieser Abschlussbericht der Enquete-Kommission ‚Kultur in Deutschland‘ wird
für lange Zeit die Referenz deutscher Kulturpolitik sein“, schreibt
Norbert Lammert in seinem Vorwort zum Bericht. Die neue musikzeitung holt ab
sofort in lockerer Reihenfolge Stellungnahmen zu einzelnen Themen des Enqueteberichts
bei Persönlichkeiten und Institutionen des Kulturbetriebs ein. Zu den „Handlungsempfehlungen
Arbeitsrecht“ befragte die Redaktion Rolf Bolwin, Direktor des Deutschen
Bühnenvereins, Gerald Mertens, Geschäftsführer der Deutschen
Orchestervereinigung, Wolfgang Paul, ver.di Bundesvorstand, Bundesfachgruppenleiter
Theater und Bühnen und Darstellende Kunst, und Hans Herdlein, Präsident
der Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger. Lesen Sie die Stellungnahmen
auf den Seiten 6 bis 8 des nmz-Magazins.
1. Die Enquete-Kommission empfiehlt Bund, Ländern und Kommunen, die deutsche
Theaterlandschaft insbesondere in ihrer Vielfalt an Kooperationen, Netzwerken
und Modellen zu stärken.
2. Die Enquete-Kommission empfiehlt den Trägern von Theatern, Opern und
Orchestern, sich für rechtliche Verselbstständigungen zu öffnen…
3. Die Enquete-Kommission empfiehlt den kommunalen und staatlichen Trägern,
Theater, Opern und Orchester aus den hemmenden Beschränkungen des Haushaltsrechts
mit den Grundsätzen der Kameralistik zu befreien. In diesem Zusammenhang
empfiehlt die Enquete-Kommission, die Haushaltgrundsätze der Jährlichkeit,
Spezialität und Nonaffektation aufzuheben. Den Theatern, Opern und Orchestern
ist eine mittelfristige Finanz- und Planungssicherheit zu schaffen…
5. Die Enquete-Kommission empfiehlt den kommunalen und staatlichen Trägern,
für alle Beschäftigten in den Theatern, Opern und Orchestern bühnengerechte
Arbeitsbedingungen zu schaffen. Das Dogma von der „Einheitlichkeit aller
Tätigkeiten des öffentlichen Dienstes“ ist überholt und
kann an den Theatern kaum noch praktiziert werden. Dies verlangt für das
künstlerische und nichtkünstlerische Personal den Abschluss einheitlicher
Bühnen- oder Branchentarifverträge, die den besonderen Bedingungen
des Theaterbetriebs gerecht werden und eine theatergerechtere Gestaltung
der Arbeitszeiten ermöglichen. Hierfür gibt es bereits zahlreiche
praxistaugliche Beispiele wie etwa den Normalvertrag Bühne und diverse
Haustarifverträge. (172)
6. Die Enquete-Kommission empfiehlt den staatlichen und kommunalen Trägern,
ihre Arbeitgeberinteressen in Tarifverhandlungen einheitlich vertreten zu lassen.
Die Aufspaltung der Tarifzuständigkeit auf die allgemeinen Arbeitgeberverbände
des öffentlichen Dienstes einerseits und des Bühnenvereins andererseits
führt in der Regel dazu, dass die besondere Situation der Theater nicht
berücksichtigt wird … (173)
8. Die Enquete-Kommission empfiehlt den Ländern und Kommunen, regionale
Theaterentwicklungsplanungen zu erstellen, mittelfristig umzusetzen und langfristig
die Förderung auch darauf auszurichten, inwiefern die Theater, Kulturorchester
und Opern auch Kulturvermittlung betreiben, um möglichst breite Schichten
der Bevölkerung zu erreichen.
16. Die Enquete-Kommission empfiehlt dem Bund, das Arbeitszeitgesetz
um eine allgemeine Öffnungsklausel zu erweitern, welche es den Tarifvertragsparteien
ermöglicht, von den bestehenden Regelungen im jeweils zu verhandelnden
Fall abzuweichen. (174)
17. Die Enquete-Kommission empfiehlt dem Bund, den Tendenzschutz im Betriebsverfassungsgesetz
und in den Personalvertretungsgesetzen auszuweiten, zu konkretisieren
und insbesondere die Dienstplanung in Tendenzbetrieben der Mitbestimmung
zu
entziehen. (175,
176, 177)
172 SV Olaf Zimmermann hat gegen diese Handlungsempfehlung gestimmt und
folgendes Sondervotum abgegeben: „Die Aushandlung und der Abschluss von Tarifverträgen
obliegt den Tarifparteien. Die Politik, auch die Enquete-Kommission ,Kultur
in Deutschland‘, sollte sich daher einer Empfehlung in diesem Bereich
enthalten.“
173 SV Olaf Zimmermann hat gegen diese Handlungsempfehlung gestimmt.
174 Sondervotum Fraktion DIE LINKE. und SV Prof. Dr. Dieter Kramer: „Diese
Handlungsempfehlung ist rechtlich unzulässig. Sie steht im Widerspruch
zum Willen des Europäischen Parlaments, dass bestimmte Mindestschutzregelungen
bei der Arbeitszeitgestaltung gewährleistet werden müssen. Danach
ist eine pauschale Öffnung nicht möglich (siehe Richtlinie 2003/88/EG
vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung).“
176 SV Olaf Zimmermann hat gegen diese Handlungsempfehlung gestimmt.
177 Sondervotum Fraktion DIE LINKE. und SV Prof. Dr. Dieter Kramer: „Diese
Handlungsempfehlung ist nicht nötig. Im Betriebsverfassungsgesetz ist
die Tendenzeigenschaft des Theaters berücksichtigt und das Mitbestimmungsrecht
entfällt, wenn durch eine Mitbestimmung über die zeitliche Lage der
Proben die künstlerische Qualität der Aufführung beeinflusst
bzw. wenn künstlerische Gesichtspunkte eine bestimmte Lage oder eine bestimmte
Mindestdauer der einzelnen Probe erfordern.“