[an error occurred while processing this directive]
nmz-archiv
nmz 2008/03 | Seite 6
57. Jahrgang | März
Magazin
Richtiges und Problematisches
Stellungnahme des Deutschen Bühnenvereins zum Enquete-Bericht
Unerwartet war es, dass sich die Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ mit
den Strukturen der Theater und Orchester zu befassen beabsichtigte. Schließlich
liegt die Organisationsbefugnis für diese Betriebe bei deren Trägern,
also bei Ländern und Kommunen. Noch überraschender war es, dass zum
genannten Thema zunächst nicht auf die Kompetenz der zuständigen
Verbände gesetzt wurde, insbesondere des Deutschen Bühnenvereins
oder des Deutschen Städtetages, sondern dass ein anwaltliches Gutachten
in Auftrag gegeben wurde. Dies veranlasste den Bühnenverein, der Enquete-Kommission
eine eigene, umfassende Studie zu den „Rahmenbedingungen der Theater
und Orchester“ vorzulegen. Sie hat zum Teil Eingang in die Handlungsempfehlungen
des nun veröffentlichten Schlussberichts der Enquete-Kommission gefunden.
Viele der jetzt vorliegenden Empfehlungen sind richtig, manche hingegen ein
wenig problematisch und die eine oder andere nur schwer umzusetzen.
Der Kernsatz befindet sich in der Handlungsempfehlung Nr. 7, in der die Enquete-Kommission
unmissverständlich den Fortbestand von „Ensemble und Repertoire“ als
wesentliche Strukturelemente des deutschen Stadt- und Staatstheaters benennt
und zugleich nicht vergisst, dass es auch andere Strukturen gibt, etwa die
der Privattheater und der freien Theater. Ebenso richtig ist es, eine gewisse
rechtliche Verselbstständigung der Theater und Orchester vorzusehen, um
sie – wie es die Enquete-Kommission ebenfalls empfiehlt – aus den
Zwängen des öffentlichen Haushaltsrechtes zu entlassen.
Doch seit die öffentliche Hand einen als GmbH organisierten Theaterbetrieb,
nämlich das Theater in Bremen, unter den Druck der Insolvenz setzte, hat
diese Forderung Brüche bekommen, auch wenn die Enquete-Kommission fünfjährige
Zuwendungsverträge als Grundlage für eine GmbH-Gründung nennt.
Zu diesen Zuwendungsverträgen kommt es in der Regel aber leider nicht.
Die Gefahr der Insolvenz einer GmbH macht also öffentlich-rechtliche Strukturen,
die ebenfalls mit Selbstständigkeit verbunden sind, zur besseren Lösung.
Eigenbetriebe, öffentlich-rechtliche Anstalten oder Stiftungen sind vielleicht
eher die Modelle, denen die Zukunft gehört.
Im Detail ist die Enquete-Kommission bei ihren Empfehlungen auf einem guten
Weg. Das gilt für Vorschläge wie eine Öffnungsklausel im Arbeitszeitgesetz
oder eine Ausweitung des Tendenzschutzes im Betriebsverfassungs- und Personalvertretungsrecht.
Da bleibt nur zu hoffen, dass den Empfehlungen auch Taten des Gesetzgebers
folgen. Natürlich ist es aus Sicht des Bühnenvereins zu begrüßen,
in Zukunft die Tarifverhandlungen, die ohnehin für Theater und Orchester
vom Bühnenverein geführt werden, insgesamt in seine Hände
zu legen. Denn wer sollte sonst der einheitliche Arbeitgeberverband für
alle Theater und Orchester sein, den die Enquete-Kommission sich wünscht? Übersehen
wird bei dieser Forderung, dass deren Realisierung nicht an den Arbeitgebern
scheitert, sondern an der Gewerkschaftsseite, insbesondere an der Dienstleistungsgewerkschaft
ver.di und der Musikergewerkschaft DOV.
Abschließend ist es bedauerlich, dass man in urheberrechtlichen Fragen
den Anregungen des Bühnenvereins nicht gefolgt ist. Umso schmerzhafter
ist dies, als es um Forderungen ging, die leicht umzusetzen gewesen wären.
Auf dem Verhandlungswege sind entsprechende Vereinbarungen nur durchzusetzen,
wenn seitens der Theater und Orchester Gegenleistungen erbracht werden. Diese
aber kosten nichts weniger als öffentliches Geld.