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Ausgabe 2004/11
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nmz 2004/11 | Seite 1
53. Jahrgang | November
Leitartikel

Die Rundfunkintendanten machen Geräusche

Zur Gebührenreform: Unüberlegtes Sparen ergibt keinen Sinn · Von Gerhard Rohde

Bei den Donaueschinger Musiktagen explodierte wieder einmal eine Zeitbombe, die schon länger in den Köpfen von Rundfunkverantwortlichen deponiert gewesen sein dürfte. Nachdem vor einigen Jahren der Versuch des SWR-Intendanten Peter Voß, die jährlichen Musiktage in eine Biennale umzuwandeln oder am besten gleich gänzlich abzuschaffen, am weltweiten Protest einer breiten Musiköffentlichkeit gescheitert war, nahmen die Rundfunkintendanten jetzt die in ihren Augen ungenügend ausgefallene Gebührenerhöhung zum (willkommenen?) Anlass, neue Einsparungen anzukündigen, wobei sie besonders „die Musik“ ins Auge fassten: mehr als zwei Dutzend ARD-Klangkörper – Sinfonieorchester, Rundfunkorchester, Bigbands, Chöre – das muss doch nicht sein?

Thema Medienkrise in der nmzDie Erregung über diese Ankündigungen beherrschte die Musiktage. Unterschriftslisten wurden herumgereicht, prominente Künstler formulierten kräftige Sätze, in denen Worte wie „Geiselnahme“ (Peter Jonas) oder sogar „Verbrecher“ (Stockhausen) vorkamen. Auf Seite sieben dieser nmz-Ausgabe nehmen unsere Autoren Max Nyffeler, Hermann Wilske und Juan Martin Koch im einzelnen zu anstehenden Plänen der Funkanstalten Stellung.

Obwohl es einen reizen könnte, in den Chor der Schimpfkanoniere einzufallen, so möchte man doch zunächst einmal den Versuch wagen, Vernunft und Ruhe einkehren zu lassen, wobei den Rundfunkgewaltigen der Vorwurf nicht zu ersparen ist, dass es doch gerade ihre (Führungs-) Aufgabe gewesen wäre, eine entsprechende Diskussion innerhalb ihres jeweiligen Hauses mit allen Betroffenen zu führen und nicht lauthals gleich in aller Öffentlichkeit Drohgebärden zu produzieren.

Solches Verhalten hat immer etwas penetrant Kindisches. Für Kindereien aber ist die Situation zu ernst. Über den aktuellen Anlass hinaus möchte man, ungefähr zum zehnten Mal in den letzten zehn Jahren allein in der nmz, Urs Frauchigers Gedanken über eine entsprechende Quotendebatte im Schweizer Rundfunk in den späten siebziger Jahren zitieren: Wenn ein Hörer Musik von Schönberg hören möchte, hunderttausend von James Last, dann, so Frauchiger, heißt die Lösung nicht hunderttausend Sendestunden für James Last und eine Sendestunde für Schönberg, sondern eine Stunde Schönberg und eine Stunde James Last. So erhielte jeder einzelne eine Stunde seiner gewünschten Musik. Nur das sei wirkliche Demokratie, weil sie der Minderheit dieselben Rechte und Ansprüche gewähre wie jedem Einzelnen in der Mehrheit.

Wenn man das zunehmende Quotendenken in den öffentlich-rechtlichen Anstalten betrachtet, die Tendenz, unter Berufung auf breite Hörer-und Fernseherwünsche das Sperrige, Nachdenken und genaues Hinsehen/-hören Erfordernde, auszusperren oder in die späten Nachtstunden abzuschieben, dann ist unschwer zu erkennen, dass es in den Führungsgremien der Funk-und Fernsehanstalten an einem entsprechenden Demokratieverständnis fehlt. Da nützt denn auch das gerade abgegebene markante Bekenntnis des WDR-Intendanten Fritz Pleitgen zum „Engagement für Kultur“ wenig, wenn man aus seinem eigenen Hause hört, dass bei den beabsichtigten Sparmaßnahmen sogar die renommierten Wittener Kammermusiktage betroffen sein könnten.

Haben die Zuständigen in den ARD-Häusern überhaupt keine Ahnung mehr von dem, was man eine gewachsene Kultur nennt, wozu auch die Musikkultur gehört? Die Abteilung Neue Musik des WDR hat vor kurzem eine Dokumentation ihrer Arbeit sowie des Kölner Rundfunk-Sinfonieorchesters seit Kriegsende herausgegeben. Wenn Musik nicht eine so flüchtige Kunst für den jeweiligen Augenblick ihres Erklingens wäre, sondern materialisierbar wie eine Gemäldegalerie, dann wäre die WDR-Musikgeschichte längst dem Weltkulturerbe zugeschlagen worden.

Das gilt selbstverständlich mehr oder weniger für alle Rundfunksinfonieorchester. Und wenn jetzt im Südwesten über die Zusammenlegung der beiden Sinfonieorchester, des in Baden-Baden und des in Stuttgart spekuliert wird, vielleicht sogar über die Auflösung eines der beiden Klangkörper, dann müsste man in beiden Fällen von mutwilliger und, was schlimmer wäre, gedankenloser Zerstörung der eigenen Leistung für die Musikkultur in unserem Lande sprechen: Ein Orchester, wie das Freiburg/Baden-Badener, mit dem ein Hans Rosbaud, Ernest Bour, Michael Gielen und jetzt Sylvain Cambreling, die Geschichte der Musik in unserer Gegenwart fortgeschrieben haben, kann in keiner Weise der Verfügungsmasse einer wie immer zu begründenden Sparmaßnahme zugeschlagen werden. Die gleichen Argumente gelten zugleich auch für die plötzlich bedrohten Rundfunkchöre, besonders den des SWR. Wer meint, dass diese Chöre durch private Chorvereinigungen ersetzt werden könnten, hat nie in eine moderne Partitur geschaut.

Wenn jetzt über Einsparungen bei der produzierenden Rundfunk-Musik nachgedacht wird, sollten die historischen und aktuellen Leistungen der eigenen Klangkörper ein entscheidendes Kriterium sein. Die musikalische Kulturlandschaft des Rundfunks darf nicht beschädigt oder gar zerstört werden. Sie ist zum untrennbaren Bestandteil der ganzen deutschen Musikszene und deren Geschichte geworden. Das schließt nicht aus, dass alle Beteiligten über mögliche veränderte Organisationsformen, auch über die eigenen Rechte, nachdenken. Warum nicht das renommierte Rosbaud-Bour-Gielen-SWR-Orchester in eine Stiftung überführen, in die sich auch der Sender vor allem logistisch mit einbringt.

Die Musiker der „Klangkörper“ seien ermuntert, sich konstruktiv an Lösungen der Probleme zu beteiligen. Vieles wäre denkbar, nur keine Liquidierungen – wie in München.

Gerhard Rohde

Medien. München funzelt
Das Rundfunkorchester des BR hat ausgespielt

Medien. Die fatale Wucht kruden Effizienzdenkens
Die SWR-Orchester Stuttgart sowie Baden-Baden und Freiburg vor der Zusammenlegung

Medien. Leserbriefe
zur Auflösung des Münchner Rundfunkorchesters

Medien. www.beckmesser.de
Kampf um die Orchester (Max Nyffeler)

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