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nmz-archiv
nmz 2004/11 | Seite 7
53. Jahrgang | November
Medien
München funzelt
Das Rundfunkorchester des BR hat ausgespielt
Sollte die Auflösung des Münchner Rundfunkorchesters
– und das wäre beschämend genug – nur als
letztes Druckmittel im Kampf um die Gebührenerhöhung ins
Spiel gebracht worden sein – eine „Geiselnahme“
wie Staatsopernintendant Peter Jonas wütend protestierte –
so ist diese Taktik gründlich gescheitert. Die Erhöhung
fiel wie befürchtet zu niedrig aus und der Rundfunkrat stellte
sich hinter die Entscheidung des BR-Intendanten Thomas Gruber: nach
Ende der Spielzeit 2005/2006, so lange läuft der Vertrag mit
Chefdirigent Marcello Viotti, ist Schluss.
Fusionspläne
lagen schon länger in den Schubladen, der Logik folgend, dass
in Krisenzeiten das schwächste Glied abzustoßen sei,
womit nur das außenwirksame Renommee und die tarifliche Einordnung
gemeint sein konnte. Denn was die programmatische Profilierung und
die Akzeptanz beim Publikum angeht, so hatte der neben dem Symphonieorchester
und dem Chor des BR dritte Klangkörper in den letzten Jahren
wahrlich keinen Anlass zur Schelte gegeben. Konsequent wurden neben
der traditionell gepflegten leichten Muse mehrere Standbeine auf-
und ausgebaut: als Opernorchester in konzertanten Aufführungen
und Einspielungen von Repertoireaußenseitern, als stilistisch
flexibles Ensemble für Filmmusik- und Crossover-Projekte, als
beredter Anwalt für selten gehörte Chorwerke gerade auch
des 20. Jahrhunderts (in der überaus erfolgreichen Reihe „Paradisi
Gloria“) und nicht zuletzt mit einem sich stetig erweiternden
Angebot für Kinder und Jugendliche. Dass also ausgerechnet
an dem Orchester gespart werden soll, das sich erfolgreich um die
Hörerschichten abseits des eingefahrenen Abonnement-Betriebs
kümmert, mutet geradezu grotesk an.
Anstatt nun aber in fruchtloses Wüten oder Lamentieren zu
verfallen, wäre es wahrscheinlich hilfreicher, sich um alternative
Formen der Trägerschaft und der Finanzierung zu bemühen.
Die Stadt braucht ein solches Orchester – das muss der Tenor
in einem vielstimmigen Chor sein – und wenn der öffentlich-rechtliche
Sender des „Kulturstaates“ Bayern nicht mehr willens
oder in der Lage ist, es zu erhalten, müssen eben andere ran.
Wo nicht, wird es in München, wo es einst leuchtete, zappenduster.