zur Startseite der nmzzur Startseite der nmz zum Kulturinformationszentrum Stellenmarkt/Jobbörsezum nmz Archiv / Sitemapbestellen Sie die nmz zu sich nach Hausenehmen Sie Kontakt mit der nmz aufnmz interaktiv aktuelle Neuigkeiten aus der Welt der Musik

1999
48. Jahrgang
Ausgabe 11
November (Inhalt)

© nmz und
autoren 1999

  nmz - neue musikzeitung

Dossier:
Musikbuch

Seite 48

Autor:
Frank Kämpfer

 

[an error occurred while processing this directive]

 

Nachrichten etc
interner link KIZ
interner link Musikwirtschaft
interner link Personalia
interner link Stellenmarkt
interner link Fortbildung-Kurse
interner link Wettbewerbe
interner link nmz-branchenbuch
 
Interaktiv
interner link Kultur Informations Zentrum
interner link komponierhäusl
 
nmz-media
interner link media nmz
interner link Musikmagazin
Taktlos
 
nmz mit system
interner link Musik im Internet
interner link Selbstmanagement
interner link Medienkrise
interner link Urheberrecht - Die Musik und ihr Wert
 

Ein sehr komplexes Kulturphänomen

Neuer Zugang zum Operettenkomponisten Franz Léhar

Stefan Frey: Was sagt Ihr zu diesem Erfolg. Franz Lehár und die Unterhaltungsmusik des 20. Jahrhunderts. Insel Verlag Frankfurt, Leipzig, 1999. 459 Seiten.

linie.gif (77 Byte)

Nichts, so Autor Frey, charakterisiere die Zeit der Entstehung so sehr wie jener Umstand, dass der Komponist dem Texter die erste Nummer seines größten Bühnenerfolgs nicht am Kamin, sondern durchs Telefon vorspielt. Uraufgeführt Ende 1905 am Theater an der Wien, verkörpert „Die Lustige Witwe“, später ein Lieblingsstück Hitlers, einen entscheidenden Schritt der Unterhaltung zur Massenkultur. Im Zuge der Erfindung gänzlich neuer technischer Mittel und Medien wird sie zum Synonym für Reproduktion und Kommerz. 18.000 Aufführungen auf fünf Kontinenten in nur dreieinhalb Jahren sprechen für sich, desgleichen entsprechende Aufführungskosten, steigende Tantiemen und nicht zuletzt die Zahlen der Bearbeitungen, Rundfunksendungen und der verkauften Tonträger. Auch ideologisch füllt die „Witwe“ vorhandene Lücken. Sie wird Mode, Marke und Mythos und kanalisiert massenhaft Identifikationsbedarf.

Angesichts solcherlei Zugriffs kann sich die vorliegende Publikation von bisherigen Biografien kaum deutlicher unterscheiden. Stefan Frey, Jahrgang 1962, der via Beckett zur Lehár-Forschung kam, betreibt weder Verehrung noch Rettungsversuch, vielmehr beschreibt er ein sehr komplexes Kulturphänomen. Die Titelgestalt wird dabei aus schnell wechselnden Perspektiven besehen. Rivalen und Mitstreiter, Kritiker wie Mäzene, schließlich gar politisches Personal – auf 460 Seiten reichlich zugegen – spiegeln Vita und Werk Franz Lehárs in einem zunehmend dichteren Interessennetzwerk.

Methodologisch verschränkt Freys Monografie phänomenologische Betrachtung und biografische Chronologie. Dramaturgisch geschickt montiert, ergeben Anekdote, Analyse und historisches Zeugnis Widerspruchsfelder. Beispielsweise jenes, dass der Erfolgskomponist sich bald der von ihm mitinitierten Kommerzialisierung zu verweigern versucht. Nicht Revue oder Tonfilm verlocken Lehár, sondern ein sowohl vom Unterhaltungsgeschäft wie von der Moderne unbesetztes Terrain. Ästhetisch greift er scheinbar zurück, bedient sich in heute vergessenen Stücken der Innerlichkeit und Psychologie; namentlich „Giuditta“ und „Friederike“, zwei Marksteine der Lyrischen Operette, versteht er als nobilitiert und opernnah.

Unübersehbar stellt Frey den Komponisten als ambivalenten Grenzgänger dar. Leider fehlt der geschlossenen Biografie ein Stück jener Sprengkraft, die einer früheren Schrift zugrunde lag: Freys 1995 bei Niemeyer/Tübingen verlegter Dissertation „Lehár oder das schlechte Gewissen der leichten Musik.“ Der junge Münchener Theaterwissenschaftler beschrieb im Untertext seinerzeit Mechanismen, die immer noch greifen. Hier nun wirken selbst provokante Thesen entschärft. Etwa jene, dass Lehár im letzten Lebensabschnitt, da er nicht mehr komponierte, in erster Instanz Autoreninteressen vertrat. Nach 1933, so analysiert Autor Frey, kann der Komponist vom kulturpolitischen Kahlschlag in Deutschland sogar profitieren. Anders als auf avanciertem Terrain, werden im Unterhaltungsgeschäft jüdische Texter nämlich zunächst toleriert. Entgegen der sanktionierten Darstellung, die Operette als Gattung hätte sich ihrerzeit selbst überlebt, belegt Stefan Frey detailliert wie nationalsozialistische Rassenideologie den Großteil der Autoren und Akteure ins Exil oder ins KZ, in jedem Falle in die Wirkungslosigkeit zwingt. Lehár selbst agiert auch da keineswegs widerspruchsfrei. Akribisch, doch am Ende vergeblich kämpft er um einzelne Mitstreiter wie Louis Treumann oder Fritz Löhner-Beda. Einerseits voller Furcht um seine jüdische Frau, verfällt er andererseits den Avancen, mit denen Hitler und Goebbels ihn nach einigem Zögern für die NS-Kulturpolitik nutzbar zu machen versuchen.

Frank Kämpfer

Social Bookmarking
Bookmark bei: Mr. Wong Bookmark bei: Webnews Bookmark bei: Linkarena Bookmark bei: Newskick Bookmark bei: Newsider Bookmark bei: Folkd Bookmark bei: Yigg Bookmark bei: Digg Bookmark bei: Del.icio.us Bookmark bei: Reddit Bookmark bei: Slashdot Bookmark bei: Netscape Bookmark bei: Yahoo Bookmark bei: Google Bookmark bei: Technorati Bookmark bei: Newsvine Bookmark bei: Ma.Gnolia Information

Links Counter @ leserbrief
@ nmz info (internetdienste) und hilfe

@ KIZ, das Kultur-Informations-Zentrum der nmz
@ taktlos - musikmagazin

@ aktuelle ausgabe
@ archiv
@ stellenanzeigen
@ abobedingungen

@ textrecherche
@ fortbildungen, wettbewerbe

@ anzeigenpreise print
@ anzeigenpreise web
@ weitere links
@ server-statistik

 Home

© copyright 1997 ff. by
neue musikzeitung
und den Autoren.
Alle Rechte vorbehalten.

@ impressum Print / Internet

Postanschrift
ConBrio Verlagsgesellschaft
Postfach 10 02 45
D-93002 Regensburg