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2000
49. Jahrgang
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  nmz - neue musikzeitung

Jazz / Pop
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Seite 32

Autor(in):
Helmut Hein

 

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Revitalisierter Outsider-Rock

Zehn Jahre „City Slang“: ein Nischen-Label als Klang-Vorreiter

Manchmal tritt man durch eine schmale Tür und befindet sich auf einem riesigen Kontinent: zum Beispiel beim Berliner Label „City Slang“, das längst zu einer der wichtigsten Adressen des Gitarren- und Post-Rock und einer schrägen, aus Indie-Haltungen entstandenen Neo-Elektronik gehört.

Eigentlich sind die „Flaming Lips“ Schuld! Und deshalb ist es nur recht und billig, dass sie, längst eine „Major“-Band, als eine Art Headliner beim Zehn-Jahre-„City Slang“-Lieblings-Bands-Konzertabend auftreten. Die Flaming Lips fragten nämlich anno 90 Christof Ellinghaus um Rat, wie und wo sie denn ihr Album „In A Priest Driven Ambulance“ in Europa veröffentlichen könnten. Und dem gefielen diese Aufnahmen so gut, dass er prompt und voller Chuzpe behauptete, er habe ein Label – was damals gar nicht der Fall war. So gesehen war die Gründung der Fluch einer „bösen“ Tat.

Zehn Jahre später ist Ellinghaus so cool wie am ersten Tag. Vor dem großen Fusions-Fieber, vor MP3 und anderen Teufeleien der schönen neuen Web-Welt, hat er keine Angst. Im Gegenteil: Wo sich die Großen breit machen, entsteht viel Platz für „Kleine“ – in Nischen, Lücken, „Brüchen“. Und der neue Volkssport CD-Brennen ist erstens so neu nicht (zur Geschichte der Pop-Musik gehört die Lust des Überspielens) und macht zweitens dort am wenigsten Spaß, wo die Originale so schön und liebevoll aufgemacht sind wie (meist) bei „City Slang“.

Man kann ein Label nur feiern, indem man seine Künstler würdigt – und vielleicht die eine oder andere große Linie zieht! „City Slang“ begann als Euro-Dependance der etwas wüsteren amerikanischen Gitarren-Musik, die eben noch ganz und gar „Indie“ war und plötzlich im Karohemden-Outfit zum „Next Big Thing“ wurde. Zu den ersten Bands des jungen Labels gehörte ein Rrrriot-Girl-Projekt namens „Hole“. Und es traf sich natürlich gut, dass Frontfrau Courtney Love auch die schlampen-glamouröse Gemahlin von Kurt Cobain war, der mit „Nirvana“ kurz darauf zum Teen-Spirit-Idol der Grunge-Generation wurde: ein Mega-Seller aus der Loser-Perspektive. Dass Ms. Love später in persona zu einem Hollywood-Star mutierte, hat Hole und City Slang sicher auch nicht geschadet.

Gitarren-Bands der etwas anderen Art gab und gibt es auch sonst bei City Slang. Von den wundeerbaren „Yo la Tengo“, die leider, wie die „Flaming Lips“, längst woanders untergekommen sind, aber sich natürlich den Ehrenauftritt bei der Geburtstags-Party nicht nehmen lassen, bis zu den Neuerfindern exzessiver Gitarren-Soli „Built To Spill“. Bei „City Slang“ waren aber die Genre-Grenzen nie dicht: So konnten etwa Lambchop auf „Nixon“ Neo- oder Trans-Country als Soul- und Lounge-Musik des weißen Mannes erfinden oder das sensationelle „Calexico“-Projekt der Giant-Sand-Rhythmiker Burns und Convertino auf „The Black Night“ und „Hot Rail“ raue und luftige Wüsten-Musik aus dem Geist mexikanischer Fiestas und imaginärer Western kreieren.

„City Slang“ wurde aber nicht nur zur Heimat des revitalisierten Outsider-Rock, sondern auch des Chikagoer Post-Rock, der vor allem mit einem Namen verbunden ist: „Tortoise“ und ihrem brüchig-hypnotischen Kammer-Pop, der problemlos leistet, was zum Beispiel auch „Calexico“ kann: das pure Instrumental zu einer so spannenden Angelegenheit machen, dass man die „Stimme“, den „Song“ nicht vermisst. Dass Post-Rock auch mit dem Machismo und anderen Mythen aufräumte (und sofort neue, bis heute tragfähige schuf!), sei nur am Rande erwähnt.

Das „spacige“ und „trancige“ Moment hatte bei „City Slang“ selbst in der scheinbar reinen Gitarren-Musik seinen Ort – und verwandelte sie so. In jüngster Zeit haben Ellinghaus und Co. aber auch den Charme einer elektronischen Musik entdeckt, die ohne Techno vielleicht nicht möglich gewesen wäre und doch in fast allem sein Gegenteil ist. Schneider TM zum Beispiel ist die andere Seite der Gitarre, wo Schneider als „hip young thing“ seinen Ursprung hatte, und setzt, nur eben vitaler, druckvoller, clubtauglicher, die „Tortoise“-Idee einer suggestiven Musik aus kleinen und kleinsten Einheiten fort. Auch „To Rococo Rot“, längst europaweit gefeiert, sind Patchworker, Sound-Monteure. Die Musik auf „the amateur view“ ist additiv und atmosphärisch, sie folgt der Idee eines Albums aus Bildern, auf die der Titel anspielt, in manchem berührt sie sich sogar mit Klangvorstellungen der E-Musik-Avantgarde; nur dass eben bei „To Rococo Rot“ selbst das entschiedenste Experiment sich einen emotionalen „Grund“ bewahrt. Und wenn es Nacht wird im „City Slang“-Reich? Dann empfehlen sich die schwermütigen Lo-Fi-Heroen à la Lou Barlow und Sebadoh oder die „Violent Femmes“, bei denen selbst die Melancholie ein vitales Jahrmarkts-Moment nie verliert.

Helmut Hein

 

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