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2000
49. Jahrgang
Ausgabe 07-08
Juli-August (Inhalt)
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autoren 2000

  nmz - neue musikzeitung

Rezensionen

Seite 22

Autor:
Helmut Hein

 

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Alles und sein Gegenteil

Ist Thomas Meinecke ein Pop-Autor?

Wenn man nach einem „role-model“ für Pop-Literaten sucht, dann ist Thomas Meinecke sicher erste Wahl: seit zwei Jahrzehnten primus inter pares bei FSK, der vermutlich „kultigsten“ aller deutschen Pop-Bands; und als kundiger „Zündfunk“-DJ des Bayerischen Rundfunks auch so etwas wie ein Pop-Star, mit Hochkompetenz-Groupies (männlich und weiblich) aus dem Bayerischen Wald, die ihm nachreisen, wo immer er auftritt.

Aber Thomas Meinecke möchte die Karrieren auseinander halten, so gut es eben geht. Das „Poppige“, das seine verschiedenen Tätigkeitsfelder vereint, ist höchstens eine Haltung oder Vorgehensweise: Meinecke verpönt das Besserwissertum, das am Ende doch am Daten-Overkill einer zersplittert-ausdifferenzierten (Medien-)Welt scheitern muss. Er nähert sich seinen Gegenständen als Fan und Dilettant im positiven Ursprungs-Wortsinn des Aufklärungszeitalters, dessen liebende Recherche so gründlich und einsehbar ist, dass sie alle Bedürfnisse befriedigt.

Dass er freilich als Suhrkamp-Autor (wie Rainald Goetz und Andreas Neumeister) mit Pop-Musik nichts zu tun habe, wie er gelegentlich in Interviews erklärt, ist geflunkert, um nicht zu sagen gelogen. Schon der Auswanderer-Roman „The Church of John F. Kennedy“ verfolgte ja penibel und durchaus „fanisch“, was aus böhmischen Polkas und anderen oberdeutschen Genres im weiten amerikanischen Westen im Verlauf einiger Generationen geworden ist. Und in seinem neuesten, so verwirrend wie aufklärerischen wie amüsanten Roman „Tomboy“ spielen zum Beispiel Mädchen-Punkrock-Bands aus dem amerikanischen Nordwesten nicht nur als phon-potente Begleitmusik eine entscheidende Rolle.

Meineckes Roman ist begeisternd, ungewöhnlich und sehr, sehr witzig – und zwar aus mehreren Gründen. Zum einen führt er scheinbar ganz unangestrengt, gleichsam en passant, vor, wovon mehrere Avantgarde-Generationen träumten: wie man nämlich über die mäandernde Entwicklung von Begriffen spannend erzählen und zugleich narrativ, „fabelhaft“, Unterscheidungen immer weiter entwickeln und ausdifferenzieren kann.

„Tomboy“ ist aber auch die Posthistoire-Variante eines urromantischen Romans oder vielleicht sogar eher Roman-Projekts: Meinecke demonstriert, immer eloquent und augenzwinkernd, vor Fantastik, Groteske und mehrfach gebrochener Ironie nicht zurückscheuend, wie sehr noch das vermeintlich Natürlichste pures Kunstprodukt und das scheinbar Ewige stets von neuem veränderliche Laune des Augenblicks ist. Dafür setzt er sich, durchaus ein wenig genant, die Maske des Feministen auf und treibt die Thesen der Gender-Studies in doppelter, nämlich in essayistischer und in erzählerischer Lust auf die Spitze, die bekanntlich fragil, zerbrechlich ist.

„Tomboy“: Schon der Titel ist Trug und Prinzip zugleich. „Tomboy“ nennt man in Amerika ein Mädchen, das sich wie ein Junge benimmt: Die Verdoppelung ergibt das Gegenteil – wie in der Mathematik oder in der Hegelschen Logik. Meinecke interessiert freilich nicht, wie es seit einiger Zeit en vogue ist, „die neue Liebesunordnung“. Sein Text ist alles andere als frivol oder gar schlüpfrig. Sein Interesse gilt dem „Trouble“ in der Welt der Begriffe und Institutionen: Nichts ist, wie es scheint. Nichts bleibt, was es ist.

Thomas Meineckes Roman ist eine (im mehrfachen Wortsinn) erschütternde Phantasmagorie der Gegenwart: Er hat als Romancier keine Botschaft, sondern nur einen „Pfad“ im Dickicht der Gegenwart, dem er folgt: ein selbstbewusster Scout, der es nicht nötig hat, die große Autorität zu spielen, weil er weiß, dass seine Fragen das Wesentliche ins Spiel bringen.

Helmut Hein

Thomas Meinecke: Tomboy, Suhrkamp Verlag.

 

 

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