Martin Hufner
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Anwalt, Verteidiger und Richter, mit einem Wort Großinquisitor", das ist die Funktion
des Musikkritikers. Er kann kein Papst sein, wenngleich er seine Worte häufig mit dem Anschein
des Unfehlbaren versieht. Wir wissen alle, dass er das nicht ist, denn wir sind ja aufgeklärt.
Und weil wir so klug sind, wissen wir, dass wir genau deshalb auf Musikkritiker verzichten können.
Das merken längst auch die Zeitungsmacher, deren Feuilletons im musikalischen Bereich immer dünner
werden. Platz für ordentliche Kritiken opfert man gerne einer knappen und unverbindlichen dpa-Meldung
oder schenkt sie gleich weg an Werbeträger.
Und sowieso: Die Werbeträger übernehmen die Kritik gerne selbst. Ob es sich um Festivals,
CD-Einspielungen, Musikbücher oder Konzerte handelt: sie alle liefern mit ihren Produkten die Kritik
mit. Wozu sollte man sich als Redaktion da noch um einen eigenen kritischen Zugang bemühen? Es
wissen doch sowieso alle, dass jedwede Kritik verdächtig ist. Was wäre an der Kritik der Marketingabteilung
schlechter als an der eigenen? Wir sind aufgeklärt und klug und lassen uns von niemandem verscheissern.
Wir brauchen keine Musikkritiker.
Außerdem sind Musikkritiker unproduktiv: Denn wenn sie schon mit ihren Schreibmaschninenpistolen
schießen, dann kommen sie immer zu spät, treffen ohenhin schon Totes: wenn das Buch schon
im Dreck liegt, die Komposition verbrochen wurde, oder das Orchester eingeschlafen war. Wäre der
Musikkritiker etwas kreativer, dann würde er versuchen, die Seiten zu wechseln und sein vorhandenen
oder vermeintlichen Kenntnisse für die Gestaltung der Gegenwart und Zukunft einzusetzen. Somit
würde er selbst Produzent und begäbe sich auf das Parkett, welches er eigentlich kritisiert.
Damit brächte er die besten Voraussetzungen mit. Warum nutzt er sie nur so selten?
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